Lyrisch organisierte Verbrechen

Hakim Bah «Auf dem Rasen» (U) im Theater Osnabrück

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Die extreme Gewalt, von der Hakim Bah in «Auf dem Rasen» erzählt, bleibt sonderbar verhüllt in Sprache. Dabei steht alles wortwörtlich drin in dem mitunter schwer zu ertragenden Text: Soldaten eines Schurkenregimes schlagen Demonstrantinnen tot, vergewaltigen sie mit Gewehrläufen, lassen sie in Containern verwesen oder schmeißen sie ins Meer. Aber mit jeder ausformulierten Grässlichkeit drängt die Frage etwas mehr, warum eigentlich so unangenehm verdaulich bleibt, was einem da aufgetischt wird. Zum Teil dürfte es daran liegen, dass keiner dazu sagt, wie wahr die Geschichte ist.

In Hakim Bahs Heimat Guinea weiß man es eh: Das Massaker im Stadion von Conakry ist zum Trauma einer Generation geworden – und das Morden hat auch heute kein Ende. Aber weiß man das in Osnabrück? Regisseur Tim Egloff versucht jedenfalls gar nicht erst, die Verortung des Stoffs nachzuholen, den er gute zehn Jahre nach seiner Entstehung und bald 13 nach dem Massaker zur deutschen Erstaufführung bringt. Es bleibt ein freischwebendes Kammerspiel, in dem Mario Lopatta als Kommandant Fick-Schiss und «die Gefreite» Laila Richter zwischen Mauerschau und Paranoia jene Ereignisse verhandeln, über deren Hintergrund sie ...

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Theater heute Mai 2022
Rubrik: Chronik, Seite 62
von Jan-Paul Koopmann

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