Leipzig Diskothek, Schauspielhaus: Geschlossene Räume der offenen Gesellschaft

Magdalena Schrefel «Ein Berg, viele» (U), Dürrenmatt «Der Besuch der alten Dame»

Theater heute - Logo

Der so genannte Lockdown war sicher eine der prägendsten Erfahrungen des Jahres 2020. Auch Theaterleute hat er so stark beeindruckt, dass sich in Leipzig die Bühnebildnerinnen Irina Schicketanz und Julia Nussbaumer für zwei sehr unterschiedliche Stoffe beide am Konzept des geschlossenen Raumes bedienen, wobei Schicketanz’ Modell eine Nummer radikaler ausfällt.

Nussbaumer hat für die Uraufführung von Magdalena Schrefels «Ein Berg, viele» eine Art Museumsdepot geschaffen.

In diesem stehen die vier Schauspieler zu Beginn in Plexiglaskästen, nur ein paar Ausstellungsstücke zusammen mit merkwürdiger Phallus-Kunst, einem gelben Mammut, einem Holzzebra, einer goldenen Banane und drei bunten Masken. Ethnologie trifft Pop-Art. Ein klaustrophobischer, kalter Raum mit metallischen Wänden und einer Decke, die sich öffnen und schließen kann, wobei der nach unten sinkende Nebel an noch mehr Kälte denken lässt.

Es geht um den kolonialisierenden Blick des Europäers, die Vorstellung der weißen Männer von weißen Landkarten, auf denen wahlweise Löwen vermutet oder Berge erfunden werden müssen, um stimmige Flussläufe zu generieren. Letzteres ist eine historisch verbürgte Anekdote zur Erkundung des ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Januar 2021
Rubrik: Chronik, Seite 56
von ​​​​​​​Torben Ibs

Weitere Beiträge
Mit den Körpern weiter denken

Stellt euch vor, ein Theater wird eröffnet und keiner darf hin! Gerade mal drei Wochen konnte Barbara Mundel ihr neues Haus bespielen, zunächst noch vor knapp 200 Zuschauern, dann sind per Dekret der bayerischen Staatsregierung nur noch 50 erlaubt – für Mundel ein Akt kompletter Willkür –, und seit dem 2. November setzt die bundesweite Komplettschließung erst...

Das Castorpsche Gefühl

Die Zeit hat Hans Castorp und seinen Autor Thomas Mann im «Zauberberg» sehr beschäftigt, auch wenn beide mit ihren Überlegungen nicht weit kommen. Sie sei eine Bewegung, heißt es dort in wohlgesetzten Worten, aber was, wenn keine Bewegung wäre? Gäbe es dann auch keine Zeit? Und was heißt überhaupt ewig? Schließlich einigen sich Hauptfigur und Autor dar­auf, dass...

Noch ehrlicher, wie soll das gehen?

Der Berliner Oranienplatz könnte noch einiges machen aus seinem Talent zum öffentlichen Ort. Das liegt hauptsächlich am um- und querlaufenden Verkehr, der die angrenzenden Cafés an die Seite drückt, statt sie Richtung Platzmitte rücken zu lassen. Aber auch die sogenannten Grünflächen sind so räudig und plattgelatscht, dass sie zu wenig mehr als zur...