Kunst, Kritik und Kuratoren
Es gibt ein paar altertümliche Fragen, mit denen man den meisten Beteiligten des Kunstgeschäfts besser nicht kommt, will man sich eine arrogante Antwort ersparen.
Zum Beispiel, was eigentlich der Sinn von Kunst ist? Oder was sie bezwecken soll? Vor allem aber die Frage, wie unterscheidet sich Kunst von Wirklichkeit? Gibt es überhaupt noch Grenzen, nach denen sich etwas nicht mehr zu Kunst erklären lässt?
Dass diese Fragen in einem Super-Kunst-Sommer wie 2017, wo der Tross der Sammler, Galeristen und Kunstnomaden von einer perlenden Eröffnungsschau zur nächsten über den europäischen Kontinent reiste, plötzlich doch wieder stören, hat mit den vielen Krisen zu tun, die den kommerziellen Sinnzusammenhang von Kunst gerade angreifen. Die gigantische Überproduktion an Arbeiten durch den Boom der Ausstellungsformate forciert ein Empfinden von maßloser Beliebigkeit und nicht mehr existierenden Qualitätsmaßstäben. Der merkantile Zynismus des Galerie- und Vermarktungswesens, das in den vergangenen Jahrzehnten extrem erfolgreich darin war, den Preis eines Kunstwerkes als seinen wesentlichen Wert zu etablieren, hat den Glauben an die aufweckende Wirkung von Kunst auch ziemlich ausgelöscht.
G ...
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Theater heute August/September 2017
Rubrik: Kunst und Theater, Seite 44
von Till Briegleb
Heilig gesprochen wurde Hildegard von Bingen vor fünf Jahren. Papst Benedikt XVI. wünschte sich in einem Dekret, der Heilige Geist möge auch weiterhin «weise und mutige Frauen erwecken, die, indem sie die von Gott erhaltenen Gaben wertschätzen, ihren wertvollen und je eigenen Beitrag zum geistlichen Wachstum unserer Gemeinschaften und der Kirche in unserer Zeit...
Man muss sich die Bilder nochmal vor Augen halten: Jahrelang stand an Montagen «das Volk» zu Tausenden auf diesem Platz zwischen Semperoper, Zwinger und Elbe und skandierte rechte Parolen, putschte sich selber in seinem Fremdenhass auf, schürte Angst, schwenkte Fahnen und schmähte alles, was seiner Ansicht nach nicht (richtig) deutsch ist. Pegida und dann die AfD...
In diesem Jahr erschien endlich auf Deutsch Miroslav Krlezas Mammutroman «Die Fahnen», der auf über 3000 Seiten und am Beispiel Kroatiens minutiös und detailreich ein Panorama der geistesgeschichtlichen und politischen Situation Europas zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeichnet. Kurz und bündig ist die eben nicht zu erzählen, vor allem nicht, wenn es um die...