Kuckucksnest Kosovo
Die Pediküre kann warten. Die Unabhängigkeit nicht.» Der Regisseur maßregelt eine Schauspielerin, die den nächsten Tag mit Kosmetik beginnen will. «Ab neun Uhr wird geprobt, es geht um nationale Interessen!» Ein neues Theaterstück soll entstehen, aus Anlass der Unabhängigkeit des Kosovo. Urplötzlich brach der Auftrag über die staatliche, aber seit Monaten nicht bezahlte Truppe herein – per Bote, direkt aus dem Ministerium für Sport (und Kultur). Die Regierung will ein patriotisches Stück, das aber trotzdem «modern» sein soll.
Darin eingeschlossen eine Rede des Premierministers, die direkt auf der Bühne verlesen wird um das Epos würdig abzuschließen. Dann ist er frei, der Kosovo. Und die Kunst?
Der Regisseur setzt sich gegenüber dem Staatssekretär in Szene und träumt von Poesie, National- und europäischer Hymne. Er sieht die Risiken der Unternehmung, aber auch die Chancen: Und wenn es gefällt? Wenn sich dadurch Türen öffnen nach Europa oder gar bis an den Broadway? Das wäre wie ein Lotteriegewinn, ist doch der Kosovo, wie sie in Pristina gebetsmühlenartig wiederholen, das einzige Land der Region, das weiter einem Visumzwang für die EU unterworfen bleibt. Doch es dauert nicht lange, ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute März 2013
Rubrik: Ausland: Kosovo, Seite 42
von Thomas Hahn
Halten Sie auch die Finanzkrise für eine ganz schlimme Sache? Banken böse? Boni Teufelszeug? Und Hedgefonds für den Untergang des Abendlands? Dann sind Sie hier richtig!
In Basel, das zwar in Sachen Bankerdichte nicht mit Zürich konkurrieren kann und schon gar nicht mit Genf, das aber trotzdem alles andere als arm ist, hat sich Volker Lösch für Robert Harris’ Roman...
Am Schauspiel Köln hat es die schöne Helena in die Untiefen der TV-Unterhaltung verschlagen. Es läuft beinharter Nachmittagstalk, Thema: «Ich Opfer». Der Zankapfel des Trojanischen Krieges – Helena war Paris ja mehr oder weniger freiwillig, aber definitiv ehebrechend nach Troja gefolgt, was ihren Gatten Menelaos zum Feldzug veranlasste – treibt die ortsansässigen...
Alceste hat eine Portion üble Laune gefrühstückt. Jetzt kotzt er sich aus. Gründlich, wenn auch ohne Grund. Einen Anlass braucht Alceste nicht, prinzipielle Abscheu gegen Freund und Feind genügt völlig, nicht umsonst ist er als Molières «Menschenfeind» bekannt.
Michael Maertens hat für seinen Zürcher Alceste die Misanthropie in der Tat in sich hineingefressen....