Die Geburtshelfer
Es ist wie ein Besuch in einer basisdemokratisch geführten politischen Wohngemeinschaft: Eigentlich wollte man zwei Leute aus der WG zu einer Party einladen. Ganz naiv, ohne sich etwas dabei zu denken. Und nun, am Gemeinschaftsküchentisch sitzend, stellt sich doch ein schlechtes Gewissen ein: Warum hat man nicht gleich alle eingeladen? Warum spaltet man die Gruppe? Und überhaupt: Wozu braucht man eigentlich Partys? Echt unsensibel fühlt man sich plötzlich.
Das Wiener Schauspielhaus unter Andreas Beck, seit 2007 ein Hort der zeitgenössischen Dramatik, unterscheidet sich nicht nur thematisch von herkömmlichen Theatern. Es herrscht eine eigenwillige Musketierverschworenheit im Ensemble, das sich tatsächlich als Ensemble begreift: alle für einen, einer für alle. Max Mayer und Thiemo Strutzenberger jedenfalls sitzen einigermaßen betreten beim Gespräch für ein Doppelporträt da. Sie wollen wissen: Warum ausgerechnet wir beide? Unausgesprochen steht in der mit Kostümen vollgestopften Schneiderei, wo gerade Paul Claudels ausuferndes Glaubensdiskussionsstück «Der seidene Schuh» geprobt wird, im Raum: Wir sind nur zwei von vielen. Warum werden nicht auch die beiden anderen männlichen Akteure ...
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Theater heute März 2013
Rubrik: Akteure, Seite 24
von Karin Cerny
Der vorletzte Frankfurter Auftritt von Michael Thalheimer war gewichtig. Er begann in der tieferen Finsternis, die sozusagen der natürliche Zustand der riesigen Frankfurter Bühne ist, mit schweren Schritten und Schlagschatten. Die Schauspielerin Josefin Platt setzte donnernd einen Fuß vor den anderen, und jedes Mal knallte der Kothurn. Es war der passende Auftakt...
Irgendwo in der vorpommerschen Tiefebene. Sie ist Biologie-Lehrerin in einer Schule, der allmählich die Schüler ausgehen. Die eigene Tochter hat sich in Richtung amerikanische Westküste davongemacht, der Gatte züchtet Strauße, in der Schule aber hält Inge Lohmann die Zügel immer noch fest im Griff. Es ist schon erstaunlich, wie konsequent die gelernte Darwinistin...
Alceste hat eine Portion üble Laune gefrühstückt. Jetzt kotzt er sich aus. Gründlich, wenn auch ohne Grund. Einen Anlass braucht Alceste nicht, prinzipielle Abscheu gegen Freund und Feind genügt völlig, nicht umsonst ist er als Molières «Menschenfeind» bekannt.
Michael Maertens hat für seinen Zürcher Alceste die Misanthropie in der Tat in sich hineingefressen....