Kleinstadtvampire
Eine junge Wienerin, die ich nicht persönlich kenne, Frl. Elfriede Jelinek, würde noch gern was schreiben.» Das vermeldete der ebenfalls junge, seit seiner «Publikumsbeschimpfung» aber schon deutlich prominentere Peter Handke 1968 dem Residenzverlag. Er akquirierte gerade Autor*innen für die lesenswerte Anthologie «Der gewöhnliche Schrecken. Horrorgeschichten», mit dabei Thomas Bernhard, Peter O. Chotjewitz, Peter Bichsel, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker.
Jelinek schrieb und landete einen Volltreffer, gemessen an Handkes Maßstäben für zeitgenössischen Horror: Nach George A.
Romeros Kinomeilenstein «Night of the Living Dead», der ja auch eine Parabel über die Selbstzerfleischung der westlichen Gesellschaft war, sollten die Schauergeschichten «Horror nicht als Inhalt» abbilden, sondern «als Methode, darüber zu schreiben, und zwar nicht stupid realistisch». Jelineks Beitrag, den der für seine Literaturadaptionen bekannte Comic-Künstler Nicolas Mahler jetzt wiederentdeckt und für die Carlsen-Comic-Reihe «Die Unheimlichen» als Graphic Novel gezeichnet hat, heißt «Der fremde! störenfried der ruhe eines sommerabends der ruhe eines friedhofs».
Schon der seltsame Dreifach-Genitiv im ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Von Sorge zu Sorge spannt sich dieses Faustens Lebensbogen, spannt sich dieser sechsstündige Leipziger Erlebnisabend, der mit «Faust II» anhebt, den «Faust I» durchreist, ein poetologisches Puppenspiel zur Erklärung von Goethes Hauptwerk einschaltet, bald das Publikum entlang von «Faust»-Motiven auf Erkundungstouren durch die Stadt schickt, um gegen Mitternacht auf...
Das Drama als Gesellschaftstanz: Grundschritt, Wiegeschritt, vor und zurück. Die bunt gekleidete Formation auf der kahlen Schauspiel-Bühne des Kölner Depots schlenkert die Glieder und wedelt hüftbetont, als würde sie unsichtbare Rumba-Rasseln schwingen. Die Muskelpakete der Männer sind unter den Shirts verrutscht wie zu Buckeln. Die Frauen sind vermummt in...
Die Jubiläumshymnen sind gesungen, der Sekt ist geflossen, das Konfetti nach der großen Gala auf der Berliner HAU2-Bühne zusammengefegt worden: Zeit, sich nach den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des vielleicht erfolgreichsten Gießener Performancekollektivs noch einmal in das zu diesem Anlass erschienene Buch zu vertiefen. «Sich selbst fremd werden»...