«Jede Geste zählt»

Was kann und muss ein künstlerisch ambitioniertes, zeitgenössisches, engagiertes und volksnahes Theater? Antworten von Tiago Rodrigues, dem Festival d’Avignon und eine These von Ariane Mnouchkine

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Siamo tutti antifascisti!» Der Jubel war groß am Abend des 7. Juli, als klar war: Das rechtspopulistische Rassemblement National hat die Parlamentswahlen in Frankreich wider Erwarten nicht gewonnen. In Avignon tanzten die Menschen vor dem Rathaus, applaudierten, skandierten Antifa-Parolen – die Erleichterung explodierte. Die Auftaktwoche des Theaterfestivals lag genau zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang. Eine Zeit der Unsicherheit und der Mobilisierung. Wie würden die «Législatives» ausgehen? Die kulturpolitischen Perspektiven des RN wären wenig verheißungsvoll.

«Wollt ihr Kunst oder Heimatschutz?», rief Angélica Liddell in der Eröffnungspremiere des Festivals provokativ in den 2000 Köpfe fassenden Zuschauerraum des Papstpalasts, und vor dem Hintergrund des reaktionären Kunstbegriffs der Le-Penisten klang es umso alarmierender. Was diese für unterstützenswert erachten – nämlich außer Denkmalpflege und Folklore nicht viel, schon gar nichts Zeitgenössisches –, konnten sie in einigen Kommunen bereits unter Beweis stellen.

In ihrer neusten Arbeit, «Dämon. El funeral de Bergman», instrumentalisiert Liddell Ingmar Bergmans akri -bische Pläne für sein eigenes Begräbnis und seine ...

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Theater heute November 2024
Rubrik: Festivals, Seite 36
von Andreas Klaeui

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