Im Körpergedächtnis
Was bleibt von der flüchtigsten und der lebendigsten aller Kunstformen, dem Tanz, wenn die Bewegungen verschwunden und die Körper, die sie tanzten und formten, längst tot sind? Vereinzelte Dokumente, Briefe und Fotografien, Notizen und Kostümteile, die in Archiven leblos vor sich hin dämmern. Das Verhältnis von Tanz und Archiv beschäftigt nicht nur die Tanzwissenschaft seit nunmehr zwanzig Jahren.
Angestoßen durch Tänzerinnen und Tänzer selbst, die Ende der 1990er Jahre im Rekurs auf die Geschichte ihrer Kunstform ihre eigenen zeitgenössischen Positionen bestimmen wollten, hat sich die Tanzszene seither längst vergessenen Positionen der Tanzgeschichte in allen erdenklichen Spielarten der Rekonstruktion beherzt angenommen.
Diese rege Aktivität liegt nicht zuletzt auch an der Arbeit des Tanzfonds Erbe, einem Projekt der Kulturstiftung des Bundes, das seit seiner Gründung 2011 über 60 Projekte gefördert hat, die sich mit dem «Kulturerbe Tanz» auseinandersetzen. Ende des vergangenen Jahrhunderts noch als Millenium-Blues abgetan, dauert die Beschäftigung mit dem Erbe des Tanzes also auch heute unvermindert an. Zeugnis davon legte im September diesen Jahres eine Ausstellung an der ...
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Theater heute Dezember 2019
Rubrik: Büchermagazin, Seite 42
von Gerald Siegmund
Auf der Bühne vor einem projizierten Totenkopf liegen Leichensäcke neben einem frischen Kindergrab. Zwei schwarz verhüllte Gestalten machen sich an den weißen Plastikhüllen zu schaffen und murmeln: «Die Leute glauben, wenn sie sterben, wäre alles vorbei – so wär’s ja leicht, ein Mensch zu sein.» Nein, nichts ist vorbei in Karin Henkels Bochumer Inszenierung von...
Manchmal bleibt der Blick im Theater an den Übertiteln hängen, folgt verträumt den Textzeilen und ignoriert die zeitgleich dargebotenen «feinen Nuancen der Schauspielkunst» völlig. Weil es tierisch nervt, als Schauspielerin durch die Textebene ausgebootet zu werden, entscheiden sich Natsumi Kamada und Nadja Duesterberg trotzig konsequent gegen das Spiel und für das...
«30 Jahre Mauerfall» oder «30 Jahre friedliche Revolution»? – Der November war ein Monat, in dem man Erinnerungspolitik wie unter einem Brennglas beobachten konnte. Die offiziellen Feierlichkeiten konzentrierten sich auf den 9.11., in vielen Theatern, vor allem im Osten, wurde auch an den 4.11. erinnert – den Jahrestag der größten Protestdemonstration in der DDR....
