Ich kann nur Krieg
Plötzlich / aus dem Schlaf schrecken» lauten die ersten Worte in Thomas Freyers neuem Stück «Ajax», in dem er den trojanischen Krieg mit der Gegenwart verschneidet. Das böse Erwachen wird im Verlauf des Geschehens nicht nur die gleichnamige Hauptfigur treffen. Zunächst ist es jedoch der zehnjährige Jonathan, der in der «nächtlichen Stille» das Bett verlässt und «in der fernen Dunkelheit /ein schmales Gleißen» sieht, «als / würde hinter dem Feld / ein Stück Welt in Flammen / stehen …».
Das Einfamilienhaus, in dem der Junge entfernt beginnende Gefechte in Europa erspürt, wird für ihn und seine Mutter Christiane zur alptraumhaften Kulisse, als sich der Vater in Verschwörungserzählungen über Gründe und Ausweitung von Kampfhandlungen zwischen Griechen und Trojanern verstrickt.
Wie hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine das Schreiben Thomas Freyers beeinflusst, dessen Stücke immer wieder gesellschaftliche Erschütterungen und Verdrängungen verhandeln? «Für mich war klar, dass ich das Thema Krieg aus meiner nächsten Arbeit nicht heraushalten kann. Gleichzeitig aber kann und will mein Schreiben nicht versuchen, Schritt zu halten mit den immer aktuellen Nachrichten. Deshalb der ...
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Theater heute Jahrbuch 2023
Rubrik: Neue Stücke, Seite 145
von Uta Girod
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