Ich ist eine Gummizelle
Vier Stück Mensch, in kleinen Kisten abgepackt; vier Fluchten, vier Mal Alptraum pur – das jüngste Stück des Dramatikers Thomas Freyer, Jahrgang 1981 und aus Gera, erzählt mit unerbittlich finstrer Fantasie Geschichten vom Eingesperrtsein im Ich wie im Wir; und letzter Ausweg scheint stets nur der Schritt ins Nichts zu sein: so viel Jugend und schon so viel Tod. So viel Sterbenlernen macht Angst auf der Bühne.
Zwei Geschwisterpaare stehen am Beginn des Experiments, und deren Welten sind schwerst beschädigt und gestört – die von Robert und Marlen durch die Sterbenskrankheit des Vaters und die Flucht der Mutter: Der Sohn pflegt den Alten hingebungsvoll, die Schwester hat sich nach der Implosion der Familie ganz in sich und ihr Zimmer zurück gezogen; der Bruder stellt ihr das Essen vor die Tür und holt dafür einen Eimer mit den Resten ab. Befreundet ist Robert mit Jakob; dessen Mutter hat den Kopf voll Gott und stets einen Bet-Bruder an der Hand, während Vater bloß hohl schwatzt. Jakob ist längst voller Sehnsüchte nach Grenz- und Todeserfahrung; derweil mimt Schwester Mara oben in der Wohnung noch das behütete Töchterchen, mutiert aber unten im Keller zum billigen Flittchen für die ...
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Die Mülheimer Theatertage und das Berliner Theatertreffen sind verwandte Festivals. Beide zeigen im Mai Höhepunkte der deutschsprachigen Theatersaison, für die Auswahl ist jeweils eine Jury aus Theaterkritikern verantwortlich. Der wesentliche Unterschied: In Berlin werden die zehn besten Inszenierungen des Jahres gezeigt, in Mülheim die sieben bis acht besten...
Das russische Theater fällt selten durch politischen Humor auf. Unlängst gab es jedoch eine Aktion der Gruppe «Ära» in Sankt Petersburg, die an beste Traditionen anknüpft: Subversion durch Affirmation. Mit Parolen wie «Ja zu steigenden Strompreisen» und feierlich hochgehaltenen Putin-Porträts bewegte sich der «Marsch der Einverstandenen» über die altehrwürdige...
Gleich in der ersten Einstellung von Lola Randls Debütfilm «Die Besucherin» überfährt Agnes einen Mann, der ihr offenbar von seinem Balkon direkt vors Auto gesprungen ist. Die Sachlichkeit, mit dem sie dem durchaus mitfühlenden Polizisten Rede und Antwort steht, ist beängstigend.
Agnes ist fremd, eine Besucherin in ihrem eigenen Leben, eingesperrt in Routine wie...