Hiebe gegen die Dekadenz

Ein Lukács-Reader zum Theater – die Geschichte so mancher Missverständnisse

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Jakob Hayner und Erik Zielke haben, ermuntert durch Dietmar Dath (den Autor, Fantasyfilm-Experten und Verfasser des unbekümmert spekulatives Denken bekundenden Romans «Die Abschaffung der Arten») und durch den Dramaturgen Bernd Stegemann, einen Reader mit Schriften des ungarischen Philosophen Georg Lukács aus den Bereichen Ästhetik, Realismus und Theatergeschichte zusammengestellt. Der Verlag der Zeitschrift «Theater der Zeit» preist diese Sammlung unbedarft als die marxistische Philosophie erneuernde, wichtige Texte zum Theater an.

 

Der Philosoph Lukács profilierte sich in den beiden ersten Jahrzehnten des Zwanzigsten Jahrhunderts mit der Friedrich Schlegel, Novalis und Stefan George huldigenden Essaysammlung «Die Seele und die Formen» und einer geschichtsphilosophisch orientierten «Theorie des Romans». Nach seiner aktiven Teilnahme am Aufstand gegen das Horthy-Regime, seiner Flucht nach Deutschland und 1933 ins sowjetische Exil passte er sein Denken den ideologischen Prämissen der Kommunistischen Partei(en) an, lehnte die sowjetischen und die westlichen Avantgardekünstler als dekadent und formalistisch ab und entwickelte eine konservative bürgerliche Ästhetik, die auf Romanciers ...

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Theater heute Dezember 2021
Rubrik: Bücher, Seite 70
von Klaus Völker

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