Hamburg: Im Glaskasten der Diversität
Hannah (Carlotta Freyer) hat verstanden, wie der Hase läuft. «Du denkst, du hörst die Nachrichten», erklärt sie, «aber was du hörst, ist ein Echo!» Wir sind gefangen in Filterblasen, in denen die eigene Meinung wieder und wieder bestätigt wird, bis wir glauben, eine allgemein gültige Position zu hören. Bühnenbildnerin Katja Eichbaum hat für diese Echokammer ein hübsches Bild gefunden: einen aquariumartigen Tunnel zwischen den Zuschauerrängen, in dem praktisch die gesamte Performance von Schorsch Kameruns «Katastrophenstimmung» stattfindet.
Und wenn doch einmal außerhalb des Glaskastens agiert wird, bekommt man das per Videoeinspielung mit, vom Vorplatz des Hamburger Schauspielhauses etwa oder aus dem Foyer des Malersaals. Der Ausbruch aus dem Schauspielhauskeller gelingt so zwar, der aus den Datenströmen nicht.
Spätestens als diese Datenströme Hannahs Leben sabotieren, wird klar, dass wir uns in einem repressiven System befinden: «Ich habe im Netz nach günstigen Grippemitteln gesucht, und daraus wurde geschlossen, dass ich ein schwaches Immunsystem habe.» Und mit schwachem Immunsystem kommt man nicht weiter im Job, klar. «Katastrophenstimmung» ist eine nur minimal vom Heute ...
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Theater heute August/September 2017
Rubrik: Chronik, Seite 60
von Falk Schreiber
Ein Festivalsommer der Schlussappläuse: Florian Malzachers letzte «Impulse», Neues aus Avignon, wo Frank Castorf noch einmal Abschied feiert, und von der Ruhrtriennale, deren Intendant Johan Simons seine dritte und letzte Saison einläutet. Oben Simon Stones «Ibsen House» in Avignon, rechts Swoosh Lieus «who cares» bei Impulse.
Die Redaktion muss erstmal ausspannen...
Es ist so puuuh, so äääh, geradezu uaargh: ein Bruderkuss, feindliche Soldaten reichen sich die Hände, Liebe und Versöhnung zum Finale. Der Schluss von Maria Milisavljevics «Beben» lässt einen sprachlos zurück ob seiner unverschämten Naivität – und gerade damit gelingt der Autorin ein Volltreffer. Milisavljevic hat nicht etwa ein Feelgood-Movie für die Bühne...
Man muss sich die Bilder nochmal vor Augen halten: Jahrelang stand an Montagen «das Volk» zu Tausenden auf diesem Platz zwischen Semperoper, Zwinger und Elbe und skandierte rechte Parolen, putschte sich selber in seinem Fremdenhass auf, schürte Angst, schwenkte Fahnen und schmähte alles, was seiner Ansicht nach nicht (richtig) deutsch ist. Pegida und dann die AfD...