Globaler Realismus, globale Kritik
Seit dem Frühjahr drehen wir in Süditalien, nahe Matera, mit ehemaligen Darstellern der Jesus-Filme von Pasolini und Mel Gibson sowie einem Cast aus italienischen Kleinbauern und afrikanischen Plantagenarbeitern ein «Neues Evangelium». In der Region um Matera, europäische Kulturhauptstadt 2019 und Drehort des «Evangeliums nach Matthäus» und der «Passion Christi», stecken geschätzt um die 500.000 Flüchtlinge aus Afrika fest.
Sie leben in Baracken oder behelfsmäßigen Zelten, können wegen der Dubliner Verträge weder vor noch zurück und müssen sich auf den Tomatenplantagen zu Niedrigstpreisen verdingen. Was wäre einleuchtender, als hier den sozialrevolutionären Mythos der Jesusbewegung ins 21. Jahrhundert zu holen?
Wenn wir den Jesus-Darsteller unseres «Neuen Evangeliums», den ehemaligen Plantagenarbeiter und heutigen Aktivisten Yvan Sagnet durch die Lager begleiten, um die Flüchtlinge zu einem gemeinsamen Streik aufzurufen, dann ist das eine offene Revolte. Die süditalienische Agrarindustrie wird beherrscht von der Mafia, die verschiedenen nationalen Flüchtlingsgruppen werden vom Staat und den Unternehmern gegeneinander ausgespielt. Sie werden den Teufel tun, Sagnet machen zu ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Kreativitätswahn – Orignalitätsdruck – bin ich nicht Künstler – bin ich nichts?
Identitätsverlust – Realität – Verlust – Angst – Panik – Starre – Tod.
Die Blockade – die Blockade (– auf die Barrikaden)
Der Künstler als Heilsbringer des Neoliberalismus! – Am Arsch!
Einverleibung der Kunst
Oh hört auf mich – ich locke euch – ihr könnt doch alle kreativ sein – am...
Seitdem Shakespeare in seinem «Wintermärchen» Böhmen kurzerhand am Meer angesiedelt hatte («Bohemia. A desert country near the sea»), spukt der Mythos jener utopischen Landschaft durch die europäische Literaturgeschichte. Am Ende seines neuen Stücks lässt auch Jaroslav Rudiš Böhmen und Sachsen im Meer versinken, und nur ein Ort, der «Teufelsberg», ragt noch aus dem...
Theater heute Wir wollen heute über Kunst und Künstler*innen reden. Wie hat sich der Begriff, der Anspruch, die Praxis in den letzten Jahren verändert – auch und gerade durch die sozialen Medien? Der gute alte romantische Kunstbegriff mit seiner Genie-Ästhetik steht ja schon lange unter Druck. Entstanden zu noch feudalen Zeiten, gefeiert in der industriellen...