Gegensätze zieht sie an

Sabrina Bosshard, die Kostümbildnerin des Jahres, schätzt die Plastizität von Text und Material

Theater heute - Logo

Diese Frau soll Kostümbildnerin sein? Zur blauen Jeans trägt sie ein schlichtes, geripptes schwarzes Shirt mit Spaghettiträgern, die wilden Locken hat sie mit einer Spange am Hinterkopf gebändigt, eine schwarze Schirmmütze über die dunklen Haare geschoben. So unauffällig sehen doch Kostümbildner:innen nicht aus; das sind doch die, die man beim Premierenapplaus immer an den ausgefallenen Outfits erkennt.

Nicht so Sabrina Bosshard. Die 39-jährige Zürcherin erregt lieber mit ihren Kostümen Aufsehen. Da kann es ihr nicht schrill, nicht künstlich genug sein.

Etwa diese Kneipengesellschaft von Werner Schwabs «Übergewicht, unwichtig: Unform» am Staatstheater Nürnberg, das zum Theatertreffen eingeladen wurde: Alle Spieler:innen stecken in rosafarbenen Latexkörpern, aus denen dicke kurze Beinchen links und rechts in die Luft ragen (die eigenen Beine bringen dunkle Strümpfe optisch zum Verschwinden). Masken machen alle zu Glatzenträger:innen, lassen nur die Augen frei und den Mund, den wulstige Lippen überbetonen. An den Leibern tragen sie schrillrote oder schreiend grüne kurze Kleidchen für die weiblich gelesenen Wesen, aus tiefen Ausschnitten lugen silberne Brüste mit knallroten Nippeln ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2024
Rubrik: Höhepunkte der Spielzeit, Seite 26
von Valeria Heintges

Weitere Beiträge
Ort für Denkmalpflege

Ich habe mich vor allem in den letzten Jahren sehr über das Stadt- und Staatstheatersystem geärgert. Ich kam als junger Mensch mit Begeisterung ans Theater, weil ich dachte, die Bühne sei der Ort, auf der sich alle Darstellungsmittel auf so spektakuläre Weise verbinden können. Im Gegensatz zu allen anderen Künsten können im Theater wirklich alle Wahrnehmungsebenen...

Sobald es Nacht wird

Was hinter geschlossenen Türen passiert, bleibt im Verborgenen, und die Vorstellung treibt da mitunter seltsame Blüten. Ist es dahinter laut oder still? Sind Stimme oder Geräusche zu vernehmen? Das Hören wird zu einem Ereignis, und die Fantasie kennt keine Grenzen, besonders sie. Das Setting – der Mikroorganismus eines Mietshauses: ein Leben, Tür an Tür – ist dafür...

Demokratische Selbstwirksamkeit

In Sachsen wird dieses Jahr die Demokratie verteidigt. Auch in Thüringen und Brandenburg. Drunter wird das nichts. Die Erzählung wird überall die gleiche sein: Antidemokraten gegen Demokraten. Mit dem Ergebnis kurioser Parteienbündisse und Parteivorsitzender in Erklärungsnot sowie einer rechten Minderheit (auch 30 Prozent sind eine Minderheit), die lauthals nach...