Freie Szene: Alternative Archive
Madonnas drittes Studioalbum, das sie im März 1989 veröffentlichte, war ein Skandal – und ihr endgültiger Durchbruch als international gefeierter Popstar.
Dabei verursachte nicht mal der titelgebende Song selbst, «Like a Prayer», eine Welle der Empörung in der katholischen Welt, sondern das dazugehörige Musikvideo: Mit einem schwarzen Negligé eher spärlich bekleidet, Stigmata an den Händen und ein großes Kreuz um den Hals, singt Madonna gegen religiös motivierten Rassismus an und lädt die kirchliche Ikonografie erotisch auf: «When you call my name it’s like a little prayer.»
In ihrer zweiten gemeinsamen Bühnenarbeit haben Schauspielerin Anne Tismer und Regisseurin Marie Schleef nun dieses sakrale Moment namentlicher Anrufung als Aufforderung verstanden: Unter dem programmatischen Titel «Name her» machen sie sich auf «Eine Suche nach den Frauen+», die von der männlich geprägten Sicht auf die Welt und ihrer Geschichtsschreibung verdrängt wurden. Doch obwohl sich das Religiöse auch in der Gestaltung der Bühne fortsetzt, wo ein orangefarbenes Triptychon aus Handyscreens im ansonsten leeren Raum als Altar und filmische Projektionsfläche dient, wirkt Tismers Präsenz nicht nur beim ...
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Theater heute Januar 2021
Rubrik: Magazin, Seite 61
von Anja Quickert
Wenn Königin Elisabeth von England ihre Lage zusammenfasst – Akt IV, 10. Auftritt –, stülpt sich Julia Windischbauer im Deutschen Theater Berlin einen großen Pappmaché-Nachbau ihres Kopfes über und ringt mit beiden Armen. Alle Mächte Europas sind gegen sie, ihre Herrschaft ist nur auf wackeliger «Volksgunst» gebaut, und dann wäre da auch noch diese Maria Stuart,...
«Wir wissen nie, wann eine Geschichte beginnt», stellt Wahab einmal fest. Und eröffnet damit eine Spur, was Wajdi Mouawads «Im Herzen tickt eine Bombe» sein könnte: ein Text, der weniger etwas erzählt, sondern vom Geschichtenentwickeln selbst handelt. Das wäre eine Spur, aber sie interessiert Alice Zandwijk nicht bei der deutschsprachigen Erstaufführung des...
Allgegenwärtig auf den deutschen Theaterbühnen, wie er es einst war, ist Bertolt Brecht, der Erfinder des V-Effekts, schon lange nicht mehr. Nehmen wir das Theatertreffen als Maß aller Dinge, gab es in den letzten 25 Jahren genau zwei Brecht-Inszenierungen, die es in die Endauswahl schafften: Castorfs «Baal»-Inszenierung 2015 und Christopher Rüpings «Trommeln in...
