Endspiele, aber nicht zu perfekt, bitte!
Nein, Liebe auf den ersten Blick war es nicht und scheint es auch auf den letzten Metern nicht mehr geworden zu sein zwischen Claudia Bauer, kampferprobte Hausregisseurin am Münchner Residenztheater, und dem Männerstück «Warten auf Godot», in dem die beiden Tramps Wladimir und Estragon zusammen mit dem Sklaventreiber Pozzo und seinem Diener Lucky die ganze Spannweite menschlicher Existenz voller Hoffnung, Bosheit und Verzweiflung ausschreiten und dabei schließlich zu dem komprimierten Resümee kommen: «Sie gebären rittlings über dem Grabe, der Tag erglänzt einen Augenblick und dann
von Neuem die Nacht.»
Entstanden 1948/49 noch unter dem Eindruck des Holocaust hat das Paradestück des absurden Theaters, mit dessen Uraufführung Samuel Beckett 1953 über Nacht berühmt wurde, bis heute nichts von seiner abgrundtiefen Hellsichtigkeit verloren und ist dabei noch immer großartiges Schauspielerfutter, das aber auch leicht spröde wirken kann. Man muss einen Ton finden, der den ganzen Abend in der Schwebe hält, ohne zu ermüden, und das ist nicht einfach.
Für Bauer, die gerne mit drastischer Komik und Musikalität an klassischen Vorlagen kratzt und für das Residenztheater mit «Valentiniade. ...
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Theater heute Mai 2025
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Silvia Stammen
In einer Burschenschaft kann man maßlos Bier trinken und der Karriere in geselliger Atmosphäre auf die Sprünge helfen, ohne dass ein so böses Wort wie Korruption fallen müsste. Vitamin B oder Vetternwirtschaft klingen da schon besser. Beides wird auch für Lukas Adler wichtig, wenn er zum ersten mal in Göttingen ankommt. Der hoffnungsfrohe Studienanfänger kann mit...
Ein Trauerspiel. Da sitzen wir an einer langen, weiß gedeckten Tafel im Quadrat und gehören zur Familie, zur deutschen Familie, Kartoffeln landen auf den Tellern. Zelebriert wird die Beerdigung Adolf Eichmanns, ehemaliger SS-Obersturmbannführer, der 1962 in Israel hingerichtet wurde, schuldig gesprochen für den von ihm organisierten Völkermord an Millionen...
Berlin, Anfang der achtziger Jahre. Eine Handvoll Kritiker, mehr ist es nicht, besucht auch Schauspielpremieren im Ostteil der Stadt, seit der Biermann-Ausbürgerung ist das kulturelle Tauwetter vorbei. Seine prägenden Regisseure (Besson, Berghaus, Dresen, Tragelehn, Karge/Langhoff ) haben die DDR ein für alle Mal oder «nur» zum Arbeiten, verlassen, ein paar jüngere...