Düsseldorf: Entschuldigung!

Jun Tsutsui «Shakagaike – Der Buddha-Teich»

Theater heute - Logo

Manchmal bleibt der Blick im Theater an den Übertiteln hängen, folgt verträumt den Textzeilen und ignoriert die zeitgleich dargebotenen «feinen Nuancen der Schauspielkunst» völlig. Weil es tierisch nervt, als Schauspielerin durch die Textebene ausgebootet zu werden, entscheiden sich Natsumi Kamada und Nadja Duesterberg trotzig konsequent gegen das Spiel und für das reine «Skript»: In der Uraufführung «Shakagaike – der Buddha-Teich» am Düsseldorfer FFT werden die deutsch-japanischen Übertitel zu Hauptdarstellern.

Die Schauspielerinnen stellen sich in deren Dienst, lesen vom Laptop ab, rufen die Texteinblendungen via Knopfdruck auf und springen nur in eine Rolle, wenn die Übertitel es explizit fordern – dann aber mit sichtlichem Spaß an der Karikatur. 

Dass Kamada und Duesterberg nicht dieselbe Sprache sprechen, also selbst auf Übertitel angewiesen sind, ist ein bestechendes Setting um zu reflektieren, was Kommunikation stillschweigend unterstellt: eine kongruente Vorstellung von Signifikant und Signifikat, vergleichbaren historischen und kulturellen Bezugspunkten, analoge Frames im Kopf – und was die Sprach- und Kognitionswissenschaft noch so im Repertoire hat. Charmant sind die ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Dezember 2019
Rubrik: Chronik, Seite 51
von Cornelia Fiedler

Weitere Beiträge
Überleben in der Kunst

Selten so einen gründlich desillusionierten Odysseus gesehen: Die fahlen Furchen im unrasierten Gesicht von Jörg Pose erzählen nichts von griechischer Größe, sondern nur von Müdigkeit, Entbehrung und einer Sorte von Gedanken, die sich ausschließlich noch mit dem Überleben beschäftigt. Der Körper in seiner grobgepixelten Fantasie-Militärkluft steht zwar gerade,...

Revolution des Lebens

Im Berliner Kulturverlag Kadmos sind zwei Bände höchst aktueller Theatergeschichte erschienen, die von der gesellschaftlich offenen und formal kühnen Theaterarbeit des Autors Sergej Tretjakow, des Regisseurs Wsewolod Meyerhold und des Filmpioniers Sergej Eisenstein handeln, deren Ziel die Aufführung und Verfilmung des Stücks «Ich will ein Kind haben» war. Die...

Identität im Spiel

Da steht er also, heiß erwartet – Joachim Meyerhoff in Molières Verwechslungskomödie «Amphitryon». Er ist nicht Amphitryon, er ist der Diener Sosias, der Gattin Alkmene von der ruhmreichen Feldschlacht berichten soll. Dumm nur: Er war gar nicht dabei. Aber für ein Schlitzohr wie Sosias, wie Meyerhoff, ist sowas kein Problem. Das Spiel ist ihr Metier, doch das Spiel...