Der Schein und die Leere
In ihrem berühmten Essay «Anmerkungen zu Camp» schreibt Susan Sontag 1964, dass die wesentlichen Merkmale von «Camp» die Liebe zur Künstlichkeit, zum Artifiziellen und zur Übertreibung sind. «Camp» ist für Susan Sontag das Gefühl für eine bestimmte Ästhetik, etwas, das mit «kitschig» oder «affektiert» nur unzureichend zu übersetzen ist.
Für Sontag ist «Camp» der Triumph des Stils über den Inhalt, des Ästhetischen über das Moralische und Ausdruck einer frivolen Ernsthaftigkeit, die sich auf der einen Seite zwar gediegen und elitär gibt, um auf der anderen Seite nicht weniger subversiv und spielerisch auf die gängigen gesellschaftlichen Erwartungen zu reagieren und damit die Hierarchien des Geschmacks auf den Kopf zu stellen.
Für den Autor Alexander Eisenach ist der 2005 verstorbene Modemacher und Paradiesvogel Rudolph Moshammer ein Paradebeispiel für ‹Camp›. «Man sollte entweder ein Kunstwerk sein oder ein Kunstwerk tragen», schrieb Oscar Wilde, dem Sontag ihren Essay widmete und dessen Bonmot die öffentliche Selbstinszenierung Rudolph Moshammers als «Camp» vielleicht am markantesten auf den Punkt bringt. Seine Auftritte mit Mutter Else und Hundedame Daisy im Rolls Royce, dazu die ...
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Theater heute Jahrbuch 2023
Rubrik: Neue Stücke, Seite 144
von Michael Billenkamp
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