Der lange Schatten der Twin Towers
Schlicht nine/eleven heißt es in englischsprachigen Texten, wenn jenes Ereignis benannt wird, das sich als Bild der einstürzenden Türme in unser Bewusstsein gesetzt hat. Die Folgen dieses Tages sind kaum absehbar, und sie sind von Dauer. Auch wenn die Kriegsschauplätze und die Konfliktlinien wie in Afghanistan, Irak und nun auch in Syrien wechseln, der Mentalitätswandel, der den «Krieg gegen den Terrorismus» begleitet, hat sich festgesetzt.
Auf jedem Flughafen dieser Welt merken wir es, wenn wir nicht schon aufgehört haben, uns darüber zu wundern, dass etwa Kosmetikfläschchen als Waffen behandelt werden.
Der Patriot Act hat in den USA diese neue Bedrohungsmentalität in legislative Formen gegossen, und auch in Europa wird beständig die Abwägung zwischen Freiheitsrechten und Sicherheitsinteressen neu vollzogen – die USA bleiben der Taktgeber für das politische Selbstverständnis der westlichen Welt. Andererseits blicken die Amerikaner, wie auch andere klassische Einwanderungsländer, auf eine lange Tradition von Migration zurück.
Dass Deutschland sich erst jetzt mühevoll dazu durchringt, sich als Einwanderungsland zu begreifen, macht diesen Erfahrungsvorsprung umso deutlicher. ...
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Theater heute Jahrbuch 2015
Rubrik: Neue Stücke der neuen Spielzeit, Seite 175
von Jörg Bochow
Zwei «postparzen» eröffnen Thomas Köcks «paradies fluten (verirrte sinfonie)», «die von der vorhersehung übersehene» und «die von der prophezeiung vergessene», alte, elegant befrackte Damen, wahrscheinlich die letzten ihrer Art auf dieser Erde. Die Schicksalsgöttinnen am Ende der Zeit lassen den Zuschauer teilhaben an ihrer Vision der universellen Auslöschung:...
Mitte März im Staatsschauspiel Dresden: Gerade noch hatte Fiesko zu Genua, halbseidener Hoffnungsträger einer putschbereiten Regierungsopposition, im Hinterzimmer gekokst und an spätpubertären Flaschendrehspielchen teilgenommen. Jetzt tänzelt er an der Rampe auf und ab und fragt unter maximal demagogischer Pokerface-Aufbietung: «In welcher Regierungsform leben wir...
Das 20. Jahrhundert ist zu Ende, doch an der Last dieses wirren Zeitalters tragen wir noch immer, an seinem Nachlass aus politischen und religiös-fundamentalistischen Ideologien, am Erbe von Kriegen, Revolutionen und Diktaturen, an mörderischer Gewalt und neuen globalen Gefahren. Die Epoche von Verdun und Stalingrad, Auschwitz und Gulag, Hiroshima und Tschernobyl...