Das Strömen der Gedanken
Im Programmheft zu Michael Thalheimers Hamburger Inszenierung des «Zerbrochnen Krugs» wird er ausführlich zitiert, Kleists Aufsatz «Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden». Tatsächlich zeugen ja in keinem anderen Kleistschen Werk Worte so hemmungslos Worte, aus denen Gedanken werden, oder auch mal: Lügen.
Wenn Frau Marthe die Wörter auf den Kopf stellt und ineinander schiebt in ihrer Wut auf die Gerichtsbarkeit, klingt das fast wie Elfriede Jelineks Sprachmaschinerie: «Wer wird mir den geschiednen Krug entscheiden? Hier wird entschieden werden, dass geschieden / der Krug mir bleiben soll. / Für so’n Schiedsurteil / geb ich noch die geschiednen Scherben nicht.» Oder wenn Dorfrichter Adam nach der Nacht seines Sündenfalls stottert: «Zum Straucheln brauchts doch nichts als Füße / auf diesem glatten Boden / ist ein Strauch hier? / Gestrauchelt bin ich hier; denn jeder trägt / den leid’gen Stein zum Anstoß in sich selbst.» Das allmählichen Verfertigen der Gedanken beim Reden ist ein ständiges Sich-selbst-ins-Wort-Fallen und Um-die-Ecke-Gehen, ein Prozess, der, mit Glück, am Ende die Wörter zum Ganzen eines Gedankens rundet.
Wir da oben, die da unten
So allerdings ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute Mai 2017
Rubrik: Aufführungen, Seite 42
von Barbara Burckhardt
Der Flüchtling ist meist Objekt. Ein Problem, das gelöst werden muss. Eine Zahl. Ein Kostenpunkt. Ein Punkt. Nie ein Komma. Weil er nicht mehr wegzudenken ist, muss er Ding bleiben. Es gibt ein Leben nach der Flucht. Doch die Flucht wirkt fort, ein Leben lang. Unabhängig von den jeweiligen individuellen Prägungen, von Schuld, Bewusstsein, Absicht, Sehnsucht. Der...
Der hardboiled detective ist per se ein Zwischenweltler: fast auf der Seite des Gesetzes, aber nicht ganz, sonst wäre er Polizist; fast ein Frauenschwarm, würde er den Ladies nicht mit allzu deutlicher Verachtung begegnen; fast ein Held, fast erfolgreich, fast vertrauenswürdig. Damit ist der hartgesottene Privatermittler der Pulpliteratur, des Comics und des Film...
TH: Herr Lederer, nach 100 Tagen im Amt haben Sie einen Überblick über Ihr neues Aufgabenfeld. Was sind die Hauptbaustellen derzeit, und was macht Sie gerade am stolzesten?
Klaus Lederer: Es kommt mir schon vor wie 300 Tage. Wenn sich Wahlkämpfe und Regierungsbildung eine Weile hinziehen, sorgt das auch für einen gewissen Bearbeitungsstau. Unser neues Ministerium,...