Das bürgerliche Geschäftsgeheimnis

Elfriede Jelinek schreibt weiter hinter der Finanzkrise her, Andrea Breth untersucht einen Erzliberalen: «Aber sicher!» in Bremen, «John Gabriel Borkman» in Frankfurt

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Was hat König Ödipus mit der Finanzkrise zu tun? Weil die «Schuld» des Königs, der unwissentlich den Vater erschlagen und die Mutter geheiratet hat, so ähnlich klingt wie «Schulden»? Weil die zahlungsunfähigen amerikanischen Eigenheimbesitzer ihre Kreditverträge ebenso wenig überpeilt haben wie der Thebaner seine Familienverhältnisse? Oder weil sie ihre Häuser genauso verlassen müssen wie der gestürzte Herrscher seinen Palast? Zu diesem Ergebnis jedenfalls kommen die vergleichenden Überlegungen in «Aber sicher!».

Die Kunst von Elfriede Jelinek, die mit ihren mäandernden Monologfluten regelmäßig in die Hirn- und Redewindungen eines allgemeinen Wir gekrochen ist, diese Kunst war immer auch eine Kunst des Dummstellens. Um König Ödipus und die Finanzkrise zusammenzudenken, muss man sich heute schon sehr dumm stellen.

Vier Jahre nach ihrer monumentalen, 99-seitig dahinströmenden Finanzkrisenwortflut «Die Kontrakte des Kaufmanns» hat sich Elfriede Jelinek noch einmal zum Thema geäußert. Wie sein Vorläufer ist auch «Aber sicher!» kein sonderlich analytisches Werk. Wer die Kreditgeschäfte und internationalen Märkte verstehen will, hätte schon immer besser das «Handelsblatt» lesen sollen. ...

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Theater heute Juni 2013
Rubrik: Aufführungen, Seite 10
von Franz Wille

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