Bochum: Beobachtete Mitesser
Wie wird man Darsteller oder Darstellerin ohne etwas oder jemanden darzustellen? Am besten als Zuschauerin oder Zuschauer. Wen oder was stellt der Zuschauer dann dar? Sich selbst als Zuschauer. Nur der Modus des Beobachtens wird thematisiert. Verschiedene Methoden der Verwechslung von Schauschauer und Zuspieler zeigt das Bochumer Schauspielhaus mit zwei kleinen Projekten: Harold Pinters «Asche zu Asche» und Eduardo de Filippos «Samstag, Sonntag, Montag». Einmal tiefschürfend tragisch, einmal oberflächlich komisch.
Pinters kurzer Text ist eigentlich kein Drama, eher ein dialogisches Langgedicht. Ein Mann befragt seine Frau nach Erinnerungen an Vergangenes. Dabei bleibt alles unscharf, verschwimmt, die Frau weicht aus. Es gab irgendwann einen Liebhaber, es gab Träume, Beobachtungen. Bilder werden deutlich, ohne gedeutet zu werden. Aber dennoch werden Zusammenhänge ahnbar: private und politische Gewalt. War der Liebhaber aggressiv? War er Organisator einer Fabrik mit Zwangsarbeitern oder gar mit der Selektion in einem Vernichtungslager beschäftigt? Im englischen Original heißt es, er sei ein «guide» gewesen, im Deutschen ist das viel deutlicher: ein «Führer».
Pinter war politisch ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Emulie weiß nicht so recht, wie ihr geschieht. Die Zehnjährige ist Gast einer schrecklich netten Familie, deren Papa so Sachen sagt wie: «Ich habe den Obdachlosen im Fernsehen brennen sehen, ein paar Ausländer haben ihn angezündet. Ich hoffe, sie waren gut integriert.» Und die Gastmama lächelt die Ängste ihres Gastkindes derart gefühllos weg, dass man sie sich auch...
Theater heute Theater der Welt wurde 1979 vom Internationalen Theaterinstitut als «Theater der Nationen» in Hamburg gegründet und hieß ab 1981 in Köln «Theater der Welt». Damals ging es um die dringend nötige Internationalisierung eines sehr selbstzentrierten deutschen Literaturtheaterbetriebs, und das Festival war eine Art Vorreiter. Später wurde es dann ein...
Vier Jahre nach der großen Flüchtlingsankunft ein großes Flüchtlingsstück zu inszenieren, grenzt an Wagemut. Seitdem die europäische Abschottungspolitik effizient und erbarmungslos geworden ist, hören wir auf Bühnen kaum noch davon, auserzählt und abgestumpft wirken die theatralischen Empathie-Bekundungen von 2015. Wenn sich Altmeister Roberto Ciulli in «Boat...