Berlin: Große Erwartungen
Die heimlichen Helden des Abends sind die Saaldiener und -dienerinnen. Denn egal, was an diesem Abend auf der Bühne passiert, stets sind sie bereit, unerschrocken in den Zuschauerraum zu stürzen und ungehorsame Gäste zu ermahnen. Also die, die trotz ausdrücklichem Fotoverbot ihr Handy zücken. Schweigsam halten die fleißigen Helfer dann Tablets hoch, auf denen ein durchkreuztes Kamerasymbol aufleuchtet. Aufs Smartphone bannen darf das geneigte Publikum nämlich lediglich das «Verbeugungsfinale», wie laut und deutlich vor Beginn der Aufführung mitgeteilt wurde.
Schließlich herrscht hier nicht die milde Anarchie irgendeiner Hauptstadtbühne, sondern man befindet sich im geordneten Raum des Friedrichstadtpalasts, wo seit Jahrzehnten gut organisiert Tanzbeine geschwungen und schöne Körper ausgestellt werden. Es gibt Begrüßungssekt, und im Foyer steht ein teures Auto, dessen Hersteller den Revuetempel sponsert. Der gewährt dieses Mal statt Busladungen von Touristen, Massen an lokalen Hipstern, Kulturintellektuellen und ein paar fernsehbekannten Promis Einlass. Geladen hat René Pollesch, der im unbehausten Zustand ja gerne mal auf unerwartete Orte ausweicht. Immerhin ist der Palast nur ...
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Theater heute Dezember 2019
Rubrik: Chronik, Seite 50
von Kristin Becker
«Ich bin’s», hört man Anita Vulesicas Stimme zunächst aus dem Dunkel, «die mit den zwei Stimmlagen.» Klingt gut – stimmt aber nicht. Tatsächlich sind es mindestens zweihundert Facetten, in denen die Schauspielerin hier mit ureigenem Witz ihre Lebensbetrachtungen in die Karrierestationen des Popstars Madonna hinein verschachtelt. Der Soloabend «Mother», den Vulesica...
Figuren:
Clara, die Verlorene
Harald, ihr Ex-Mann
Svenja, seine Frau
Florentin, Claras und Haralds Sohn, 13 Jahre alt
Mutter, Claras Mutter
Vater, Claras Vater
Tante, Claras Tante, Schwester ihrer Mutter
Kevin, ein junger Mann
Der alte Wolf, ein älterer Mann
Die Frau mit dem krummen Rücken, Angestellte an der Tankstelle und dort auch Kneipenwirtin
Der Mann mit der...
Manchmal bleibt der Blick im Theater an den Übertiteln hängen, folgt verträumt den Textzeilen und ignoriert die zeitgleich dargebotenen «feinen Nuancen der Schauspielkunst» völlig. Weil es tierisch nervt, als Schauspielerin durch die Textebene ausgebootet zu werden, entscheiden sich Natsumi Kamada und Nadja Duesterberg trotzig konsequent gegen das Spiel und für das...
