Foto: privat

Ankunft in der Fremde

Die Schauspielerin Valery Tscheplanowa hat sich in Goethes Helena wiedererkannt: die Rolle eines Lebens

Theater heute - Logo

Als nach zwei Stunden auf der Berlin-Charlottenburger Kantstraße die nächste Verabredung, Mutter Tscheplano­wa, das «Schwarze Café» betritt, bin ich bereits so hypnotisiert wie Gucci, das mucksmäuschenstille Hündchen, das Valery Tscheplanowa vor fünf Jahren «gebraucht» gekauft hat.

Gucci hat links von ihr gesessen, ich rechts, während zwischen uns eine unerschöpfliche Energiequelle pulsierte: Valery Tscheplanowa hat am Vorabend zum 14ten und vorerst letzten Mal Gretchen, Helena und Nana in Frank Castorfs «Faust» gespielt, und es sieht ganz so aus, als habe sie diese siebenstündige Tour de Force in einen anhaltenden, glasklaren Glücksrausch versetzt. Sie wirkt gelöst, dabei hochkonzentriert und bereit, dem Leben in ihrem melodisch-literarischen, in seiner ausgestellten Innigkeit an alte Romy-Schneider-Filme erinnernden Deutsch ihre Liebe zu erklären.

Tatsächlich muss die «Faust»-Dernière ein Höllenritt gewesen sein. Sie hatte so starken Heuschnupfen, dass ihr trotz etlicher Cortisongaben immer wieder die Stimme versagte: «Aber die Kollegen – ich habe sowas noch nie erlebt! – haben mich so unterstützt gestern. Und auch die Zuschauer haben mir geholfen, als ich in Not war, sie haben ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2017
Rubrik: Schauspieler*innen des Jahres, Seite 86
von Eva Behrendt

Weitere Beiträge
Männer mit Macht

Erfahrene Intendanten gehen in die nächste Runde. Ein Gespräch mit Peter Carp, Oliver Reese und Anselm Weber über neue Herausforderungen und alte Probleme, und warum es sich lohnt, für das gute alte Ensemble und Repertoiretheater zu kämpfen

Theater heute Was sind die größten Herausforderungen, die Sie in den nächsten Jahren aufs Theater allgemein und auf Ihr...

Konstantin Küspert: alle menschen sind idealisten

der ideale staat ist kein staat, also keine gesellschaftsordnung, bei der einer bestimmten gruppe eine privilegierte stellung zukommt; sondern eine gemeinschaft gleichberechtigter idealisten ohne hierarchien und herrschaft.

die gesellschaft

alle menschen sind sich der abhängigkeit voneinander und von einer funktionierenden umwelt bewusst. um das zu erreichen, ist...

Ein Erbe steht an

Eine Nacht in ferner Zukunft: ein schlafloses Kind vor einem Bildschirm. Auf dem Screen eine Reportage über vergangene Zeiten. Archäologen haben eine spektakuläre Entdeckung gemacht: Tief vergraben im Wüstensand stießen sie auf ein seltsames Bündel von Blättern, Dokumente einer längst untergegangenen Kultur. Aber die Wissenschaftler können dieses prähistorische...