Wonnen der Schwermut
Im Liedgesang ist das vokale Gender Crossing noch immer die Ausnahme. Die Geschlechtergrenzen scheinen wenig durchlässig, Schuberts «Schöne Müllerin» und seine «Winterreise», Schumanns «Dichterliebe» so unbestritten männliches Territorium wie Wagners «Wesendonck-Lieder» oder Strauss’ «Vier letzte Lieder» autochthone Sopran-Domäne. Sängerinnen wie Lotte Lehmann, Suzanne Danco oder Brigitte Fassbaender haben früher und erfolgreicher mit dieser Tradition gebrochen als ihre männlichen Kollegen.
René Kollo nahm 1992 wohl als Erster die kompletten «Wesendonck-Lieder» auf, weitere Sänger, zuletzt 2019 Christoph Prégardien, folgten ihm. Jetzt legt Matthias Goerne, der den Zyklus schon oft im Konzert gesungen hat, seine Version vor.
Wagner hat die fünf Gedichte seiner Zürcher Muse Mathilde Wesendonck erklärtermaßen «für eine Frauenstimme» vertont, obwohl das lyrische Ich der Texte weder weiblich noch männlich, sondern transpersonal ist. Anders als Kollo und fast alle Aufnahmen einzelner Lieder seit Lauritz Melchior, wählt Goerne nicht Felix Mottls dickflüssige Orchestration, sondern Wagners originale Klavierfassung (der Chopin-Preisträger Seong-Jin Cho entlockt ihr subtile ...
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Opernwelt Juli 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 35
von Uwe Schweikert
JUBILARE
Matthias Hölle absolvierte sein Gesangsstudium an der Stuttgarter Musikhochschule bei Georg Jelden, später bei Josef Metternich in Köln, wo er 1976 sein erstes Festengagement antrat und elf Jahre zum Ensemble gehörte. Wolfgang Gönnenwein holte ihn an die Ludwigsburger Schlossfestspiele, wo der Bass 1978 als Commendatore in Mozarts «Don Giovanni» Aufsehen...
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