
Opernwelt Juli 2021
Editorial
Focus Spezial
Welttheater
Eine Uraufführung von bleibendem Wert: Marc-André Dalbavies «Le Soulier de satin» im Pariser Palais Garnier, hochkonzentriert dirigiert vom Komponisten, fantasievoll inszeniert von Stanislas Nordey
Nachts im Museum
Aribert Reimanns «Lear» wird von Christoph Marthaler an der Bayerischen Staatsoper in einem hermetisch vernagelten Kosmos untergebracht, Jukka-Pekka Saraste gibt am Pult den souveränen Partitur-Lotsen
Reife Früchte
Cecilia Bartoli ist bei den Salzburger Pfingstfestspielen omnipräsent: In Robert Carsens Inszenierung von Händels «Il trionfo» glänzt sie unter der musikalischen Leitung von Gianluca Capuano als Piacere, in der konzertanten Aufführung von Mozarts «La clemenza di Tito» gibt sie ihr Debüt als Sesto
Der Wirklichkeit enthoben
Barrie Kosky zeigt Rimsky-Korsakows Märchenoper «Der goldene Hahn» in Lyon als lustvoll-verspielte, bissige Gesellschaftssatire, Daniele Rustioni serviert dazu sublime Klangzaubereien
Ein Albtraum
Seit einem halben Jahr ist das Brexit-Abkommen in Kraft. Die Folgen für Kulturschaffende sind eingeschränkte Mobilität, ein Dschungel aus Vorschriften, Papierkram ohne Ende. Immerhin prunkt das Festival in Glyndebourne mit zwei zauberhaften Regiearbeiten. Ein Rundblick
«Wir brauchen die Freien»
Ein Interview mit Ursula Hesse von den Steinen, Mitbegründerin und Vorstandsmitglied der Initiative «krea[K]tiv - musiktheater stands up e. V.»
Nachholbedarf
Der Anteil von Frauen in bundesdeutschen Opern- und Symphonieorchestern wächst. Doch Führungspositionen sind rar, die Mühlen der Emanzipation mahlen langsam
Wiener Gesamtkunstwerker
Provokant sind beide. Während Gerhard Rühm jedoch stets rational operierender Artist fernab religiös mythologisierender Sinnhuberei geblieben ist, sucht Hermann Nitsch gerade das Elementare, Kreatürliche und die blutig dampfende Materie
Geschlossene Gesellschaft
Nicht erst seit dem bösen Bonmot von Karl Kraus vom «blühenden Operettenblödsinn» sieht sich die alte Dame in Bedrängnis. Als Kunstform wirkt sie inzwischen antiquiert, musikalisch wird sie nicht selten belächelt. Zu Unrecht. Ein Plädoyer in schwierigen Zeiten
Ein-Blicke Juli 2021
Monatelang waren die meistern Opernhäuser geschlossen. Was die Verantwortlichen aber keineswegs davon abhielt, weiter zu proben und die Ergebnisse via Streaming zu präsentieren. Zum vorerst letzten Mal dokumentiert «Opernwelt» eine Auswahl
Hören, Sehen, Lesen
Vom Kürbis behüt(t)et
Dorothee Mields und ihr feines Album «Heinrich Albert’s Pumpkin Hut»
Zweifelhaftes Heldenleben
Tara Erraught und Peter Whelan erinnern an den italienischen Kastraten Giusto Ferdinando Tenducci
CD des Monats
Schmerzensreich schön
Lise Davidsen betört mit Arien und Liedern von Beethoven, Verdi, Mascagni und Wagner, butterweich begleitet vom London Philharmonic Orchestra unter Mark Elder
Hören, Sehen, Lesen
Drei Stile, eine Stimme
Sandrine Piau in diversen Neuaufnahmen – barock, klassisch, spätromantisch
Wonnen der Schwermut
Matthias Goerne singt Lieder der Romantik und Spätromantik
Folklorefrei
Laurence Equilbey und ihr Insula orchestra entschlacken Webers «Freischütz»
Expressiv zugespitzt
Die Geigerin Patricia Kopatchinskaja deklamiert als phänomenale Diseuse Schönbergs «Pierrot Lunaire»
In Flügelschuhen
Giorgio Caoduro singt Arien von Rossini
Butterflys Schwester
Die Berliner Operngruppe setzt sich für Pietro Mascagnis Meisterwerk «Iris» ein
Chamäleon
Julia Glesner kommt dem charismatischen Intendanten Peter Jonas und seiner Doppelgesichtigkeit in ihrer Biografie «Oper für alle» sehr nahe
BUCH des Monats
Wiegenlieder der Welt
Leopoldo Siano begibt sich in seinem Buch «Musica Cosmogonica» auf die Suche nach den Ursprüngen
Interview
Immer am Anfang
Im Arbeitszimmer ihrer Düsseldorfer Wohnung stapeln sich «Holländer»-Partiturbände und Wagner-Schriften, obenauf liegen Heines «Memoiren des Herren von Schnabelewopski». Alles will Oksana Lyniv über Wagners Oper wissen, einmal aus angeborener Arbeitswut, aber auch, weil sie in diesem Sommer mit diesem Stück als erste Frau am Bayreuther Pult steht. Ein Gespräch über mystische Abgründe, kulturelle Traditionen in ihrer ukrainischen Heimat, Reisefieber und den Sinn oder Unsinn von Genderquoten
«Man muss das Tragische anerkennen»
Prinzendorf an der Zaya, Niederösterreich, ein Schloss aus dem 18. Jahrhundert. Seit 1971 lebt hier der Aktionskünstler Hermann Nitsch und veranstaltet regelmäßig sein «Orgien Mysterien Theater». Der 82-Jährige, der sich als Gesamtkunstwerker begreift, wird bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen eine Aktion zu Wagners «Walküre» gestalten. Ein Gespräch über die Faszination des Schreis, Synästhesie und den Tod
Service
Magazin
Der Protagonist
Kaum jemand entspricht dem Bild des charismatischen Pultherrschers so sehr wie er. Dahinter aber verbirgt sich eine vehemente Musikalität. Nun wird Maestro Riccardo Muti 80
Weil es ohne Wahrheit kein Glück gibt
Udo Zimmermanns «Weiße Rose» als Graphic Opera in Hamburg
Wo die Liebe endet
Das Theater Magdeburg stimmt mit einem Liederabend auf die Uraufführung von Eugen Engels verschollen geglaubter Oper «Grete Minde» ein
Gut durchgelüftet
Das Theater St. Gallen präsentiert mit Daniel Catáns «Florencia en el Amazonas» eine lohnende Novität, das Studio des Opernhauses Zürich in Winterthur ein bemerkenswertes Regiedebüt mit Gaetano Donizettis «Viva la Mamma»
Kabinettstückchen
Julian Pölser und Andreas Wolf zeigen Aribert Reimanns «Gespenstersonate» am Theater Lübeck als bittersüße Gesellschaftssatire
Auf der Kippe
Die Neue Oper Wien kümmert sich seit drei Jahrzehnten liebevoll um das zeitgenössische Musiktheater. Nun droht ihr von Teilen der Kulturpolitik Ungemach
Apropos... Nostalgie
Die Komponistin SARA GLOJNARIĆ hat nach ihrem Umzug von Kroatien nach Deutschland damit aufgehört, ihre Identität als queere Frau von ihrer Kunst zu trennen. Ihre Werke sind somit auch immer als audiovisueller Beitrag zu aktuellen Debatten zu verstehen, sie schaffen auf diskursive Weise eine Verbindung zwischen klassischer Musik und Popkultur