Witz, Wahnsinn, Wahrheit

Salzburger Festspiele 2015: Ein starker Start mit Wolfgang Rihms «Eroberung von Mexico», ein bieder-berüschter «Figaro» und ein «Fidelio» voll aufgeblasener Enigmatik

Opernwelt - Logo

Wolfgang Rihms «Eroberung von Mexico» ist keine Oper, wie es sie von Graun, Spontini oder Sessions zum selben Thema gibt. Man könnte sogar sagen: Hier schreibt jemand an gegen die Oper, gegen ihren Guckkasten, gegen erwartbare Gefühle, gegen lineares Erzählen, gegen eine Musik, die psychologisieren will, gegen eine Sprache, die bloß als Figurenrede daherkommt. Es gibt keine Handlung, sondern Texte verschiedener Herkunft, die sich palimpsestartig überschreiben. Die Sprache will nicht irgendwelche Information übermitteln, sondern Beziehungsfelder aufreißen.

Auch die Musik sucht das Fragmentarische, versteht sich als Tat im emphatischen Sinn. Ein gewaltiges Stück über die Gewalt. Ein experimenteller Kraftausbruch. Sein Thema: der, die, das Fremde. Als das Stück vor fast 25 Jahren in Hamburg herauskam, wirkte es wie eine wild-wüste, bruitistisch aufgeladene Phantasmagorie. Seitdem ist es verschiedentlich nachgespielt worden und hat andere Seiten freigegeben. Es ließ sich zum Beispiel (in Frankfurt, siehe OW 3/2001) als kühle, gleichwohl luzide Konfliktspirale vorführen. Als Gerard Mortier das Teatro Real in Madrid übernahm, war es ein Mittel, den Spaniern einen Spiegel vorzuhalten und ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt September/Oktober 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Stephan Mösch

Weitere Beiträge
Unfassbar

Vor dem Sommer sind wir noch gemeinsam in die Vorproben der Neuproduktion «Fidelio» eingestiegen. Das Ensemble saß um Berts Bühnenbildmodell geschart. Einer von uns erklärte, es werde nicht darum gehen, ein spezifisches politisches System abzubilden, sondern zu untersuchen, wie sich ein auf Überwachung gestütztes System, wie wir es aus Diktaturen kennen, in die...

Editorial

Mitte August konnte man sie noch herunterladen. Die Saisonübersicht 2015/16 der Oper Köln, Ende Mai erst fertig geworden. Neun Premieren, acht Wiederaufnahmen, drei Tanzgastspiele im großen Haus. «Die Zeit des Interims ist vorbei», jubelt Oberbürgermeister Jürgen Roters in seinem Grußwort. Und Intendantin Birgit Meyer fiebert dem Einzug ins alte Heim mit Wagners...

Metamorphosen

Wie ein Meeresarm liegt er da, der Sankt-Lorenz-Strom,  mehr als ein Kilometer sind es von Ufer zu Ufer. Ein erhabener Anblick. Und ein Gegenbild zu den monotonen Wald- und Agrarlandschaften, die der Highway von Montréal durchmisst. Erst auf dem Pont Pierre-Laporte wird uns so richtig bewusst, dass Québec am großen Wasser liegt: schon vor den Toren der Stadt ein...