Waches Auge, offenes Ohr

Josef Tal lässt sein Leben Revue passieren

Gut zwanzig Jahre nach seiner Emigration aus Deutschland besuchte Josef Tal mit seiner Frau Pola erstmals wieder seine ehemalige Heimatstadt Berlin: «Wir nahmen ein Taxi. Ich sperrte meine Augen weit auf – es wurde eine Geisterfahrt. Nach kurzer Zeit sagte ich zu Pola auf Hebräisch: ‹Du, der fährt uns spazieren, um eine größere Zeche rauszukriegen. Den Weg kenne ich genau.› Schließlich fragte ich den Fahrer doch nach der Gegend. Da zeigte er auf eine Ruine aus Ziegelsteinen: ‹Das war mal der Anhalter Bahnhof.› Da wußte ich, daß er richtig fuhr.

Von hier ging mein Emigrantenzug nach Triest.»
Josef Tal, 1910 als Sohn eines Rabbiners in Posen geboren und in Berlin aufgewachsen, emigrierte 1934 als Dreiundzwanzigjähriger aus Deutschland nach Palästina. Davor hatte der hochbegabte Pianist und angehende Komponist bei Paul Hindemith an der Berliner Musikhochschule studiert.
Weil er, um als Musiker in Palästina einreisen zu dürfen, eine größere Geldsumme hätte nachweisen müssen, beschloss Tal, sich als Fotograf anzumelden, wofür er noch kurzfristig eine Lehre absolvieren musste. Nach der Ankunft in Haifa zusammen mit seiner Frau und dem zweijährigen Sohn Rainer versuchte Tal als Fotograf zu ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juli 2005
Rubrik: magazin, Seite 30
von Robert Jungwirth

Vergriffen
Weitere Beiträge
«Isolde ist für mich einfach das Größte»

Frau Stemme, bevor Sie Opernsängerin wurden, haben Sie in Ihrer Heimatstadt Stockholm Volks- und Betriebswirtschaft studiert. Prägt Sie die ökonomische Denkweise, das genaue Kalkulieren und Disponieren, auch heute noch?
Sicher, im übergeordneten Sinne schon. Erstens lernt man dort, dass sich die Wirklichkeit nun einmal nicht exakt kalkulieren lässt – denken Sie an...

Wien, Smetana: Die verkaufte Braut

Dass Smetanas «Verkaufte Braut» nicht bloß eine buntböhmisch-sentimentale Folkloreangelegenheit ist, sondern eigentlich den ungehobelten Umgang mit dem vermeintlich schwächeren Teil der Menschheit anprangert, der vom vermeintlich stärkeren aufgrund von größeren Muskeln und neun Monaten gesteigerter Empfindlichkeit stets rücksichtslos ausgenützt wurde, haben schon...

Gluck: Paride ed Elena (McCreesh)

Beinahe unter der Hand ist in den letzten Jahren einer der wichtigsten Aufnahmezyklen der Operndiskografie herangewachsen: Die Einspielung der großen Gluck-Opern bei der Archiv Produktion kann sich durchaus mit dem Großprojekt der Aufnahme aller Vivaldi-Opern beim Label Opus 111 messen. In beiden Fällen wird das Qualitätsniveau dadurch gehalten, dass verschiedene...