Foto: Donata Wenders
Unvertraut
Eine indische Frau kann auch ohne roten Bindi auf der Stirn schön sein, wenn sie Olga Peretyatko heißt (die freilich neuerdings auch den Namen ihres italienischen Dirigentengatten Michele Mariotti führt) und über einen eleganten, kraftvollen Sopran verfügt. Dass die dramatisch überzeichneten Koloraturen nicht recht passen wollen zu einer Priesterin, fällt dabei genauso wenig ins Gewicht wie die Eigenart Gyula Orendts als Zurga, noch die belanglosesten Sätze mit Emphase vorzutragen. Nein, auf solche Details kommt es hier nicht an.
Denn was diese «Perlenfischer» offerieren, ist ein Fest der Stimmen und Stimmungen, eine Oper des Genießens, nicht des Gedankens.
Sollte Bizets Jugendwerk einer Rehabilitation in Deutschland bedürfen, sie wäre jetzt geleistet. Sämtliche eventuell noch umlaufenden Vorurteile sind endgültig widerlegt. Weder ist das Libretto der reinste Schwachsinn, noch bleiben die «Perlenfischer» musikalisch hinter «Carmen» zurück. Und es trifft auch nicht zu, dass dieses erstmals 1863 gezeigte sechste Bühnenwerk des jungen Franzosen mit «Je crois entendre encore» und «Au fond du temple saint» lediglich zwei herausragende Nummern besitzt. Die «Pêcheurs» enthalten viele ...
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Für das deutsche Publikum ist Kurt Weill in erster Linie der Komponist von Stücken, die in Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht entstanden sind, vor allem «Die Dreigroschenoper» und «Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny». Sein reiches amerikanisches Œuvre, weitgehend frei von politischer Ambition, wird hierzulande gerne in die U-Musik-Ecke geschoben, weil es dem Stil...
Am besten funktioniert noch immer das Original. Auch wenn es wie hier eine Reduktion ist von Beethovens Arie auf Florestans schmerzvolle Gesangslinie, gestützt von einem dürren, solistisch besetzten Instrumentalgerüst. Sein Schrei nach dem «himmlischen Reich» beendet diese 70 Minuten, die so etwas sind wie «Fidelio 2.0». Eine musiktheatralische Untersuchung der...
Verstand schafft Leiden. Dieses Apodiktum aus Alexander Gribojedows (1795 – 1829) gleichnamigem Theaterstück ist in Russland längst zum geflügelten Wort geworden. Denn die Wut auf die Moskauer Elitenclique trieb beileibe nicht nur Chazky, den scharfsinnigen Helden der Verskomödie, um. Auch deren Verfasser kannte das Gefühl von Ohnmacht hinlänglich. Gribojedow, der...
