Unterm Kreuz
Violetta als Opfer männlicher Begierden, zur Hure gemacht, in den Tod getrieben – so lässt sich das Beuteschema der szenischen Annäherungsversuche skizzieren, die das Bühnenleben der «Traviata» seit vielen Jahren prägen. Auch wenn das historische Weichbild ihrer tragischen Geschichte, die opulenten Salons im Paris des Second Empire, längst von Ansichten aus der heutigen Parvenü- und Spaßgesellschaft überwuchert ist, so behielt die durch Alexandre Dumas’ «Dame aux Camélias» (Verdis Quelle) angestoßene sozialkritische Lesart doch die Deutungshoheit.
Noch in der radikalen Zuspitzung des Geschehens auf das (innere) Leiden und Sterben einer am zynischen Hedonismus ihrer «Freunde» verreckenden Frau, die unlängst Peter Konwitschny in Graz (siehe OW 3/2011) und Benedikt von Peter in Hannover (siehe OW 11/2011) vornahmen, schreibt sich – gleichsam in psychosozialer Engführung – diese Tradition fort.
Am Weimarer Nationaltheater macht Operndirektor Karsten Wiegand nun alles anders, indem er die Akzente demonstrativ ins Religiöse rückt. Verdeckt der Champagnertaumel im Haus der Kurtisane womöglich die erste Station einer christlichen Passion? Ist ihre tödliche Krankheit vielleicht Chiffre ...
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Opernwelt Februar 2012
Rubrik: Panorama, Seite 39
von Albrecht Thiemann
Reri Grist, geboren am 29. Februar 1932 in New York, absolvierte von 1959 bis zu ihrem offiziellen Bühnenabschied 1991 eine beispiellose Karriere an allen großen Opernbühnen der Welt. In der Uraufführung der «West Side Story» sang sie auf Wunsch des Komponisten Leonard Bernstein das berühmte «Somewhere». Ihre großen Mozart- und Strauss-Rollen (Zerbinetta, Susanna,...
Sie hatten sich gesucht und gefunden: der erfolgreiche Komponist und umtriebige Opern-Manager Gian Carlo Menotti und der nicht weniger umtriebige Weltklasse-Tenor Plácido Domingo, der später auch ein erfolgreicher Manager werden sollte. Sie waren verbunden durch das gemeinsame künstlerische Credo: Oper ist zum Singen da. Bei einem Abendessen während des Edinburgh...
Höchste Zeit für Tanz auf den Vulkanen, Operetten auf Opernbühnen. Das christliche Abendland geht nicht unter, wenn um die Weihnachtszeit an der Berliner Staatsoper Jacques Offenbachs rabiate Mythentravestie «Orpheus in der Unterwelt» gegeben wird, neben Märchen wie der «Zauberflöte». Und der bilderwütige Regisseur Philipp Stölzl allzu vieles und Vielfältiges...