Unbehaust, heimatlos

Braunschweig | Wagner: Tristan und Isolde

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Wer sich so nach dem Tod sehnt wie Tristan kann in dieser Welt immer nur ein Unbehauster, Heimatloser bleiben. Gefangen in einer Zwischenwelt, einem Umzug, der nicht enden will. Als solchen Umzug inszeniert Regisseurin Yona Kim, 2011 für den Deutschen Theaterpreis «Der Faust» nominiert, Wagners Oper in Braunschweig: Plastikplanen hängen von der Decke, überall verpacktes Mobiliar, alles ist provisorisch und bereit, auf die Reise zu gehen. Auch Isolde selbst reist in haushoher Kiste an: die Königstochter als Möbelstück, fertig für den Versand an König Marke.

Im zweiten Akt, die neue Wohnung: Statt Fackel knipst Isolde eine noch verpackte Ikea-Lampe aus. Sie ist bereit für die Liebesnacht, doch die findet bekanntlich auf Markes Burg statt, was die Situation für Tristan unerträglich macht. Den leidenschaftlichen Ausbrüchen im Orchester zum Trotz kauert er ängstlich, verstört in der Ecke. Als in der Mitte der Szene Brangänes Ruf herüberweht («Habet acht! Bald entweicht die Nacht»), fließt eine bleiähnliche Flüssigkeit in langen Fäden die Wand hinunter. Sein Herzblut?

John Uhlenhopp ist von Beginn an ein müder Held, der diese Welt eigentlich schon längst hinter sich gelassen hat, davon ...

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Opernwelt Dezember 2011
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Udo Badelt

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