Tschaikowsky: Pique Dame
Rechts die in Schieflage geratene Flanke eines italienischen Logentheaters, aus dem heraus Surin, Tomski und Tschekalinski Hermann wie ein Versuchskaninchen fixieren und in dem diesem seine wahnhaften Visionen erscheinen. Links ein luxuriöses Rokoko-Boudoir aus Plexiglas, das nach Eis aussieht und Auskunft gibt über den Zustand seiner Gefühle.
Francesca Zambellos nach Neapel transferierte Londoner Inszenierung von Tschaikowskys ungekürzter «Pique Dame» (siehe OW 7/2001) setzt deutliche Bildzeichen, bleibt aber beim Kostüm stehen: Das horrible Innere der manisch von Süchten, Ängsten und Beschwichtigungsversuchen getriebenen Figuren wird in keiner Sekunde transparent. Das Ereignis des Abends spielt sich auf der Hörbühne ab: Der grundsätzlich geneigte Bühnenboden italienischer Theater projiziert die Stimmen direkt ans Ohr des Hörers und erlaubt den Sängern den reich differenzierten Lied- und Kammerton geflüsterter Geständnisse und intimer Konversation, den man sonst bei der – übrigens in Florenz komponierten – «Pique Dame» nicht gerade gewohnt ist. Dem innig leuchtenden Sopran Olga Guriakowas gelang das Kunststück, eine introvertierte Lisa zum stillen Ereignis zu machen, und der ...
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