Tschaikowsky: Pique Dame

Neapel

Opernwelt - Logo

Rechts die in Schieflage geratene Flanke eines italienischen Logentheaters, aus dem heraus Surin, Tomski und Tscheka­linski Hermann wie ein Versuchskaninchen fixieren und in dem diesem seine wahnhaften Visionen erscheinen. Links ein luxuriöses Rokoko-Boudoir aus Plexiglas, das nach Eis aussieht und Auskunft gibt über den Zustand seiner Gefühle.

Francesca Zambellos nach Neapel transferierte Londoner Inszenierung von Tschaikowskys ungekürzter «Pique Dame» (siehe OW 7/2001) setzt deut­liche Bildzeichen, bleibt aber beim Kos­tüm stehen: Das horrible Innere der ­manisch von Süchten, Ängsten und Beschwichtigungsversuchen getriebenen Figuren wird in keiner Sekunde transparent. Das Ereignis des Abends spielt sich auf der Hörbühne ab: Der grundsätzlich geneigte Bühnenboden italienischer Theater projiziert die Stimmen direkt ans Ohr des Hörers und erlaubt den Sängern den reich differenzierten Lied- und Kammerton geflüsterter Geständnisse und intimer Konversation, den man sonst bei der – übrigens in Florenz komponierten – «Pique Dame» nicht gerade gewohnt ist. Dem innig leuchtenden Sopran Olga Guriakowas gelang das Kunststück, eine introvertierte Lisa zum stillen Ereignis zu machen, und der ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2005
Rubrik: Kurz berichtet, Seite 49
von Boris Kehrmann

Vergriffen
Weitere Beiträge
Carl Nielsens «Maskarade»

Eine Musikkomödie als Nationaloper: So etwas gibt es nur in Dänemark. Carl Nielsens «Maskarade» (1906) hat nichts von schwer­blütiger nordischer Spätromantik, sondern atmet den graziösen Geist des Settecento, entspricht damit genau dem Sujet, das von dem dänischen Molière Ludvig Holberg stammt. Die vorzügliche Decca-Aufnahme der Oper (1996) unter Ulf Schirmer hat...

Geometrie des Schreckens

Eigentlich müssten die dunklen, ungreifbaren Ängste der Mélisande und ihres Schwagers Pelléas in Palermo, wo die ungreifbare Mafia herrscht, auf eine gewisse Seelenverwandtschaft treffen: Nichts ist gewiss, aber alle wissen es. Gewiss ist nur, dass der derzeit mächtigs­te Boss Bernardo Provenzano seit mehr als vierzig (!) Jahren unauffindbar ist, obwohl er in...

Hommage an eine gefährdete Kunst

Als der chinesische Schauspieler, Sänger, Tänzer und Regisseur Chen Shi-Zheng vor sechs Jahren am New Yorker Lincoln Center die vier Jahrhunderte alte Oper «Der Päonien-Pavillon» auf die Bühne brachte, ein ursprünglich fünf­undfünfzig (!) Akte umfassendes Werk des chinesischen Monteverdi-Zeitgenossen Tang Xianzu (1550-1616), kam dies in der westlichen Musikwelt...