Trost im Todestrakt

Heggie: Dead Man Walking
BRAUNSCHWEIG | STAATSTHEATER

Opernwelt - Logo

Mit über 50 Produktionen seit seiner Uraufführung im Jahr 2000 an der San Francisco Opera arbeitet sich Jake Heggies Erstlingswerk für das Musiktheater zielstrebig ins Repertoire vor. Am Staatstheater Braunschweig setzt sich diese Erfolgsgeschichte von «Dead Man Walking» nun fort. Die Oper fußt auf den Erinnerungen der katholischen Ordensschwester Helen Prejean, die als Seelsorgerin Delinquenten bis zu deren durch die Justiz angeordnete Tötung Beistand leistete. Zuvor hatte Prejeans Buch bereits einen packenden Hollywoodstreifen in der Tradition des Gerichtssaal-Dramas inspiriert.

Heggie und sein Librettist, der im März 2020 an Covid-19 verstorbene Terrence McNally, zeigen hingegen den persönlichen Weg, den die Nonne und der zum Tode verurteilte Joseph De Rocher miteinander beschreiten. Daran, dass der Mann ein Mörder ist (er hat eine halbwüchsige Schülerin brutal vergewaltigt und erstochen), lässt der Prolog der Oper nicht den geringsten Zweifel.

Regisseurin Florentine Klepper schildert die bestialische Tat eher verhalten und situiert sie in der Tiefe der Bühne. Dennoch wird deutlich, dass eben nicht das pragmatische Argument möglicher Fehlurteile gegen die Todesstrafe spricht. ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Michael Kaminski

Weitere Beiträge
Tödliche Liebe

Sage und schreibe 16 Opern hat der junge Verdi zwischen 1839 und 1850 komponiert. Wäre er vor dem «Rigoletto» gestorben, würde er heute ebenso vergessen sein wie die älteren Kollegen Giovanni Pacini und Saverio Mercadante. So aber erfreut sich sein Frühwerk des gleichen Interesses wie das des jungen Mozart. Das gilt selbst für eine nach allgemeiner Übereinkunft der...

Aufenthalt im Unwillkürlichen

In einem Essay aus dem Jahr 1978 mit dem Titel «Ins eigene Fleisch» entwirft Wolfgang Rihm das idealische Wesen und Sein seiner ästhetischen Existenz. Und er tut dies mit einer Selbstverständlichkeit, die das Übermäßig-Unbotmäßige seines Komponierens schon zu diesem relativ frühen Zeitpunkt evoziert: «Ich habe die Vorstellung eines großen Musikblocks, der in mir...

Himmel und Hölle

Manchmal gleicht der Anfang schon dem Ende. Alles ist bereits erzählt, erlebt, durchlitten; auch die Musik, in diesem Fall das «Perdono»-Finale von Mozarts «Le nozze di Figaro», scheint, kurz vor Eintreten des Allegro assai, erschöpft zu sein. Aber wer weiß, vielleicht wird dieser Film über einen tolldreisten Tag auf dem Land noch einmal gedreht? Fast möchte man es...