«Musik kann die Welt verändern»

Seit Serge Dorny nach Lyon kam, ist das dortige Haus zum Modell einer modernen Oper geworden. Der aus Flandern stammende Kulturmanager hat für die dortige Opéra nicht nur ein neues Publikum in der Stadt begeistern können, er bietet durch die ­kontinuierliche Zusammenarbeit mit Künstlerpersönlichkeiten wie Peter Stein und Kirill Petrenko, Kazushi Ono und William Kentridge zugleich Musiktheater von internationaler Ausstrahlungskraft. Im Gespräch mit Jörg Königsdorf gewährt er Einblick in eine Musik­theaterwerkstatt, die sich den Problemen der Gegenwart stellt und Fragen der Zukunft sucht

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Monsieur Dorny, Sie sind 2003 nach Lyon gekommen. Haben Sie erreicht, was Sie sich damals für dieses Opernhaus vorgenommen hatten?
Ein gutes Stück davon habe ich schon geschafft, denke ich. Lyon war in den achtziger und neunziger Jahren mit Chefdirigenten wie John Eliot Gardiner und Kent Nagano ein Haus mit großer Ausstrahlung über die Grenzen Frankreichs hinaus.

Es war eines der Häuser, die damals zur Erneuerung der Kunstform Oper beigetragen haben – zusammen mit der English National Opera unter Peter Jonas, Gerard Mortiers La Monnaie, Amsterdam unter Pierre Audi und auch Zürich mit Alexander Pereira. Aber wie immer in der Geschichte gibt es Wellen – in den Neunzigern hatte Lyon an Bedeutung verloren, weil man hier nur zurückgeblickt hat. Als ich kam, fand ich ein Riesenpotenzial mit hoch motivierten Kollektiven: Bedenken Sie, dass das Orchester ja erst in den achtziger Jahren durch Gardiner gegründet worden war – das waren also alles noch junge Musiker. Der Chor war ähnlich: nicht müde von der Vergangenheit und immer noch mit den großen Erfolgen im Bewusstsein. Ich wollte dem Haus eine Identität geben, die an diese große Vergangenheit anknüpfte: Lyon war immer ein Platz, wo es ...

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Opernwelt Juni 2011
Rubrik: Interview, Seite 28
von Jörg Königsdorf

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