Massenet: Werther

Schwerin

Am Ende lacht Charlotte. Werthers Selbstmord bedeutet für die junge Frau ein Erwachen aus einem amou­rö­sen Alptraum. Regisseurin Kornelia Rep­schlä­ger rückt mit ihrer durchdachten Inszenierung am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin Charlottes ambivalente Gefühlslage in den Mittelpunkt.
Bei ihrem ersten Auftritt trägt Charlotte eine weiße Rüschenschürze, schneidet den jüngeren Geschwistern das Brot – pflichtbewusst fügt sie sich nach dem Tod der Mutter in die Rolle der treusorgenden Ersatzmutter, auch wird sie den ihr zugewiesenen Mann heiraten.

Diesen Albert porträtiert Roman Grübner mit elegant geführtem Bariton als verklemmt-lüsternen Analphabeten der Gefühle. Kein Wunder, dass Charlotte nicht von Werther lassen kann: Seine Emotionalität, seine Todessehnsucht ziehen die tiefsinnige Frau magisch an.
Konsequent entwickelt Kornelia Rep­schläger diese Grundkonstellation als Kammerspiel auf Leben und Tod: Die Handlung hat sie deutlich gestrafft, die Episoden mit den Freunden des Amtmanns, Johann und Schmidt, gestrichen. Ausstatter Rainer Sinell hat in die dunk­len, leeren Bühnenräume riesengroße Schriftstücke – Werthers Briefe – ge­hängt. Die Gedanken des Schreibers bestimmen, ...

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Opernwelt Januar 2006
Rubrik: Kurz berichtet, Seite 51
von Dagmar Penzlin

Vergriffen
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