Mal ehrlich: Leben als Lachnummer
Man sagt ja, Kriminelle kehren immer an den Ort ihres Verbrechens zurück. Wie jemand so blöd sein kann, war mir zwar immer schleierhaft. Aber es stimmt. Gilt auch für mich. Das muss ich jetzt einsehen. Offenbar ist mein krimineller Instinkt bloß ein bisschen lahm – ich habe mir 24 Jahre Zeit gelassen, bevor ich wieder in Aix aufschlug.
Als wir 1991 mit Brittens «Midsummer Night’s Dream» rauskamen, war Robert Carsen noch längst nicht berühmt. Er war außerdem ein Lückenbüßer, die Notlösung.
Wir rührten die Inszenierung unter Hochdruck zusammen, mit wenig Zeit, kaum Budget und überhaupt bloß, weil eine Koproduktion ins Wasser gefallen war. Probten in einer heißen, staubigen Turnhalle am Stadtrand, viel zu spät auf der Bühne. Wir waren uns sicher: Das wird ein Flop. Der Rest ist Geschichte. Die Produktion geriet zum Hit und wurde fortan überall herumgereicht.
Ich trieb in nicht weniger als 15 Wiederaufnahmen mein Unwesen. Und zwar immer als Flute, der sich dann in «Pyramus und Thisbe», dem Spiel im Spiel, als Mädel verkleiden muss. Ein kleiner Blasebalgflicker, scheu, doch voller Feuer. Den tollpatschigen Teenager habe ich (in diversen Inszenierungen) gut 140-mal gesungen. Zuletzt an ...
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Opernwelt September/Oktober 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 26
von Christopher Gillett
Während des Finales des diesjährigen Belvedere Wettbewerbs, das nach 2013 zum zweiten Mal in Amsterdam ausgetragen wurde, dachten wir an Anselm Gerhards «Einspruch aus dem Elfenbeintrum» im Juli-Heft und seine Forderung nach expressivem, wenn nötig hässlichem Gesang. Freilich, was unter Donizetti und Verdi als hässlich galt, ginge heute vermutlich als schön...
Niemals stand der Amerikaner Alan Curtis im Verdacht, der temperamentvollste, unberechenbar genialischste Überflieger der Alten Musik zu sein. Er wirkte besonnen, dienstfertig und defensiv. Führt man sich die enorme Zahl seiner Ersteinspielungen von Barockopern vor Augen, die eine Entstehungszeit von knapp einem halben Jahrhundert umspannen, so steht man betroffen...
Händels Oratorium «Saul» hat seit jeher das Zeug zu bühnenwirksamem Musiktheater gehabt. Bei der Uraufführung im Londoner King’s Theatre 1739 konnte das Publikum neben dem Libretto von Charles Jennen auch szenische Anweisungen im Programmheft studieren. In Glyndebourne entführt Barrie Koskys Inszenierung der alttestamentarischen Fabel um Missgunst und Neid in eine...