Männerträume

Bizet: Carmen Bremen / Theater

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In Anna-Sophie Mahlers Lesart müsste die Oper eigentlich «Don José» heißen; denn die junge Regisseurin, die in Bremen schon des Öfteren positiv auf sich aufmerksam gemacht hat, stellt den unglücklichen Carmen-Liebhaber eindeutig in den Mittelpunkt ihrer Inszenierung: das Psychogramm eines Anti-Helden. Andalusien-Flair und spanisches Kolorit sucht man in dieser Produktion vergebens. Stattdessen taucht die Regisseurin in die Abgründe der Tiefenpsychologie und holt das Unterbewusste, das Unbewusste zutage.

Ein Abend, der neue Aspekte in die oft im Folkloristischen festgefahrene «Carmen»-Rezeption einführt.

Duri Bischoff hat als Einheitsbühnenbild einen großbürgerlichen Salon im Stil der 1930erJahre entworfen, in dem eine Versammlung festlich gekleideter Menschen stattfindet – vielleicht das Treffen eines Geheimbundes, wie verschiedene Rituale, auch der Ausschnitt aus Schnitzlers «Traumnovelle» im Programmheft vermuten lassen. Und in einer Vermischung von Traum und Wirklichkeit stellt sich auch die Handlung der Oper dar. Don José, von Anfang bis Ende auf der Bühne, aber nur zeitweise von den anderen handelnden Personen wahrgenommen, erlebt seine Begegnung mit der als Zofe gekleideten ...

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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 36
von Gerhart Asche

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