Männerschweinewelt
Es ist eben alles eine Frage der Wahrnehmung: Einmal prangt «Faust» auf der Titelseite, einmal «Margarethe», je nachdem, wie man das Programmheft hält. Nach der Pause gibt’s sogar ein Déjà-ecouté auf die Ohren, wenn Domonkos Héja noch einmal die Ouvertüre dirigiert – als Entrée für einen Perspektivwechsel zu Gunsten Marguerites: Jetzt ist sie dran. Am Ende wird sie mit dieser Männerschweinewelt abgerechnet und die Bühne wütend, frustriert in Richtung Parkett verlassen haben.
«Gerettet», jenes berühmte finale Wort bei Goethe und in der Gounod-Veroperung, bekommt hier eine Umdeutung und -wertung: Das besorgt Gretchen schon selbst.
Keiner muss allerdings fürchten, das am Staatstheater Augsburg nun plakativ mit dem #MeToo-Besteck herumgefuchtelt wird. Regisseur Jochen Biganzoli weiß natürlich, dass es bei Gounod und Goethe um dieses Thema geht. Doch wie er diese Tragödie einer verratenen, benutzten Frau zeigt, als kühle, schmucklose Sezierung einer Welt, in der befrackte Kerle Projektionsflächen für ihre Lüste brauchen, quasi als Vorläufer-Version von «Lulu», das ist ziemlich stark. Dafür braucht’s eigentlich keinen Frauen-Protest mit Plakaten wie «No God in my Vagina» oder «Viva la ...
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Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 51
von Markus Thiel
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