Liebe macht blind
Tito liebt Berenice, muss aber aus Gründen der Staatsräson auf sie verzichten. Sesto, Titos engster Freund, ist Vitellia hörig. Für diese aber, die Tochter des gestürzten Imperators Vitellius, ist Liebe eine kalte Zweckbeziehung – sie möchte auf den Thron, einerlei ob durch die Heirat mit Tito oder einen erfolgreichen Umsturzversuch Sestos. Die Rede ist von Mozarts letzter Oper «La clemenza di Tito», die im neuesten Bärenreiter-Set der Studienpartituren endlich «Die sieben großen Opern» voll macht – eine Entwicklung, die im Mozart-Jahr 1956 niemand vorauszusagen gewagt hätte.
Theatralisch laboriert das Werk allerdings noch immer am eingefahrenen Vorurteil der angeblich lustlos heruntergeschriebenen, zudem ästhetisch überholten, weil ein altes Seria-Libretto Pietro Metastasios mehr schlecht als recht kaschierenden Festoper für die Prager Krönungsfeierlichkeiten Kaiser Leopolds II. Mozarts Librettist Caterino Mazzolà hat den Intrigenmechanismus der barocken Haupt- und Staatsaktion Metastasios samt deren politisch-juristischem Substrat drastisch beschnitten, die Figuren vom Podest geholt und durch ein Wechselbad der Gefühle empfindsam verbürgerlicht. Zum Fürstenspiegel taugt die ...
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Hätten Sie erraten, mit welcher Oper Cagliari zur Saisoneröffnung den Jahresregenten Mozart feiert? Unwahrscheinlich. Es ist eine italienische Erstaufführung: der «Chérubin» von Jules Massenet, uraufgeführt 1905 in der Opéra von Monte Carlo. Eine verdienstvolle Ausgrabung, zumal in einer so guten und witzigen Wiedergabe.
Es ist eine Mozart-Ehrung von hinten...
Der Vorwurf, dass man in eine Dichtung etwas ‹hineingelegt› habe, wäre ihr stärkstes Lob. Denn nur in jene Dramen, deren Boden knapp unter ihrem Deckel liegt, lässt sich beim besten Willen nichts hineinlegen», schrieb Karl Kraus. Auch auf Mozarts «Idomeneo, rè di Creta» und die beiden Inszenierungen des Werks in Wien und Graz ließe sich dieses Zitat anwenden. Willy...
Am Anfang war Astrid Varnay. Ihr verdankte ich den persönlichen Kontakt zu Birgit Nilsson. Ich wollte mit der großen schwedischen Sopranistin über ihr Leben und ihre Kunst reden. Sie hatte sich schon weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, gab nur noch selten Interviews. Ein lapidares Fax aus Schweden erreichte mich, einen Tag nachdem ihre Freundin Astrid...