Kulturbotschafter Mozart

Wie die Kölner Oper mit der «Entführung» auf Gastspielreise ins wilde Kurdistan ging

Als der irakische Vizepräsident Mullah Bakhtiyar am 26. November letzten Jahres auf der Premierenfeier die nagelneue Kölner «Entführung» in den Irak einlud, rechnete wohl niemand ernsthaft damit, dass die Oper drei Monate später tatsächlich mit einer hundertköpfigen Truppe in die Krisenregion aufbrechen würde. Niemand ahnte damals auch, wie dramatisch sich die politische Lage in den arabischen Ländern entwickeln würde.

Die spontan wirkende Einladung war indes so spontan nicht, sondern von langer Hand vorbereitet.

Schlüsselfigur des Opernabenteuers ist nämlich der kurdisch-deutsche Schauspieler und Regisseur Ihsan Othmann, der hüben wie drüben arbeitet und zu den Initiatoren des Berliner Netzwerks für den kulturellen Wiederaufbau im Irak gehört.

Othmann verkörpert in Uwe Eric Laufenbergs Produktion die Rolle des Bassa Selim, er spricht seinen Part auf Kurdisch. Laufenberg hat die Handlung in die Gegenwart verlegt, irgendwo zwischen Berlin-Neukölln und Bagdad, und spielt, lustvoll und bewusst das politisch Inkorrekte streifend, mit westlichen Islam-Klischees. Ein islamisches Land als Aufführungsort einer solchen Produktion hätte sich also durchaus als heißes Pflaster erweisen können, ...

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Opernwelt April 2011
Rubrik: Magazin, Seite 62
von Regine Müller

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