«Ich sehe heute alles in anderem Licht»

Gerade hat er noch einmal auf der Opernbühne gestanden, am Theater an der Wien. In «El Juez», jenem Stück, das Christian Kolonovits ihm auf den Leib und in die Stimme geschrieben hat – über einen Richter der Franco-Zeit, der in einen Skandal mit verschleppten Kindern verwickelt ist. Jetzt will JOSÉ CARRERAS, einer der prominentesten Tenöre der vergangenen Jahrzehnte, Adios sagen. Mit einer Tournee, die im Herbst beginnen soll, 46 Jahre nach seinem Karrierestart. Am 5. Dezember feiert Carreras seinen 70. Geburtstag. Ein Gespräch über Starkultur, Herbert von Karajan, Patriotismus, Europa und das Leben nach der Leukämie

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Herr Carreras, war die zweite und letzte Vorstellung von «El Juez» in Wien eigentlich Ihr letzter Auftritt auf der Opernbühne?
Wer sagt das?

Nun, in Ihrem offiziellen Terminkalender tauchen keine Folgeprojekte auf.
Ach, wer weiß. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, etwas in dieser Art zu singen, eine Oper, in deren Entstehung ich von Beginn an einbezogen bin, bei der ich genau um meine Figur weiß – warum nicht? Ich denke dabei nicht unbedingt an den musikalischen Aspekt, sondern eher an den Charakter meiner Rolle und an das Thema des Stücks.

Für mich war «El Juez» eine schöne Erfahrung, die ich sehr genossen habe. Außerdem hatten wir eine wunderbare Besetzung. Alles passte irgendwie zusammen.

Im Herbst starten Sie Ihre letzte Tournee. Sie haben kürzlich gesagt: «Mal sehen, ob sie zwei oder drei Jahre dauert.» Also ein Abschied mit Open End?
Nein, ich will das ja nicht so halten wie gewisse Toreros. Meine Idee ist, auch wenn sich das vielleicht nicht ganz realisieren lässt: Ich möchte an jeden Ort, in jeden Konzertsaal, in jedes Opernhaus zurückkehren, wo ich einmal aufgetreten bin. Ich versuch’s einfach mal. Ich weiß selbst nicht, wie lange das alles dauern könnte, dafür müssen ja sehr ...

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Opernwelt September/Oktober 2016
Rubrik: Interview, Seite 46
von Markus Thiel

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