Himmelhoch, tiefbetrübt

Meyerbeers «Le Prophète» mit dem herausragenden John Osborn aus dem Essener Aalto-Musiktheater

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Ist es nur mit dem Fluktuieren von Moden zu erklären, dass Giacomo Meyerbeer in den letzten Jahren nicht nur mit seinen Hauptwerken auf die Bühne zurückgekehrt ist? Mag die Frage, ob des Komponisten theatralisches savoir faire volle Entsprechung in den musikalischen Qualitäten findet, noch nicht ausdiskutiert sein, so kann es an der Aktualität seiner vielleicht bedeutendsten Opern wenig Zweifel geben. In «Les Huguenots» wird wie in «Le Prophète» ein religiöser Konflikt verhandelt.

In Letzterem Fall geht es um eine Revolte im Münster der Jahre 1534 und 1535: den Aufstand des Wiedertäufers Jan van Leyden und seiner Anhänger gegen die etablierte Herrschaft. Mit fatalen Folgen: Im Moment ihres Erfolgs schlägt die Revolution in ein Unrechtssystem um, das noch gewalttätiger ist als das bekämpfte.

Im April 2017 gelang dem Essener Aalto-Musiktheater ein glänzendes Plädoyer für Meyerbeers abgründig-pessimistische Weltenbrand-Parabel (siehe OW 6/2017). Nach wie vor gehört «Le Prophète» zu den Stiefkindern der Diskografie – es gibt eine Studioproduktion mit Marilyn Horne und James McCracken und sechs Mitschnitte. Insofern kann man das nun veröffentlichte Live-Dokument aus Essen als Großtat ...

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Opernwelt April 2018
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 30
von Jürgen Kesting

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