Gotteskinder

Giordano: Mese Mariano /
Puccini: Suor Angelica
LIÈGE | OPÉRA ROYAL DE WALLONIE

Die Kombination ist dramaturgisch schlüssig: Zwei veristische Einakter, beide im Milieu katholischer Ordensfrauen angesiedelt, überdies ist jeweils ein verstorbenes Kind konstitutiv für die Handlung. Umberto Giordanos «Mese Mariano», 1910 am Teatro Massimo in Palermo aus der Taufe gehoben, führt in ein von Nonnen betriebenes Waisenhaus. Dorthin musste Carmela ihren kleinen Sohn abschieben, als Preis für die Heirat mit einem Mann, der kein unehelich geborenes Kind aus einer Vorgängerbeziehung unter seinem Dach duldet.

Die Mutter möchte den Sohn im Waisenhaus besuchen, der aber ist in der Nacht zuvor verstorben. Die Oberin des Instituts bedient sich einer barmherzigen Notlüge, indem sie der Mutter erklärt, das Kind sei verhindert, weil es gemeinsam mit den anderen Waisen die Lieder für den Marienmonat einübe, den Mese Mariano.

Für das Libretto formte Salvatore Di Giacomo sein eigenes Schauspiel gleichen Titels um. Zentrum des Werks ist die große Erzählung, in der Carmela der Oberin den traurigen Lebenslauf des Kindes schildert. Hierzu freilich fehlt Giordano der kompositorisch lange Atem. Regisseurin Lara Sansone spult die Geschehnisse schnörkellos, aber leicht betulich ab. ...

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Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Michael Kaminski

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