Freiheit, ein prekäres Gut
«Ein supertolles Jahr» hätte es werden können laut Christine Fischer, «richtig voll, super Aufträge, gut bezahlt». Und nun? «Das bricht jetzt alles zusammen», sagt die Managerin der Neuen Vocalsolisten Stuttgart. Sollten bis zum Juli weiterhin Konzerte ausfallen, dann würden ihr 100 000 Euro an Einnahmen fehlen. Bei der Akademie für Alte Musik Berlin ist man da schon weiter, jedenfalls zahlenmäßig.
«490 000 Euro werden uns bis Ende Mai entgangen sein», rechnet Intendant Uwe Schneider vor, «bis zum Juli wären es dann über 800 000».
Die Absagen aufgrund des Coronavirus treffen all die Ensembles besonders hart, die sich einst in stolzer Freiheit außerhalb der staatlichen und städtischen Institutionen gegründet haben. Und könnten im schlimmsten Fall einen unersetzlichen Verlust auch für die musikalische Ästhetik bedeuten, da sich nicht alle, aber viele freie Ensembles der Alten oder der Neuen Musik verschrieben haben. Also all jenen Musikformen jenseits des klassisch-romantischen Regelkanons, die von den öffentlichen Kollektiven nicht oder nur unzureichend abgedeckt werden.
Schließlich hat die Freiheit einen Preis, den sich diese Ensembles immer wieder neu erkämpfen müssen. Rein ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Mai 2020
Rubrik: Thema, Seite 24
von Michael Stallknecht
Alles ist hier Überbietung. Hatte 1702 André Campra im ersten Akt seines «Tancrède» eine von gleich zwei duettierenden tiefen Männerstimmen angeführte große Schwur-und Racheszene auf die Bühne gebracht, die im Eklat einer Totenbeschwörung kulminierte (der Zauberer Isménor lässt die verstorbenen Sarazenenkönige aus ihren Gräbern steigen und gibt damit das...
Die Alten, für die Pest und Cholera, Krieg und Typhus zum Alltag gehörten, kannten das Kunstgewerbe der Negativität noch nicht. Sie waren sich ihres Lebens nicht sicher genug, um sich mit schlechten Aussichten interessant zu machen. Weil die Bedrohung des Lebens so real war, gab es eine Pflicht zum lieto fine, zum heiteren Ende. Denn aller Pessimismus ist viel...
Herr Workman, Sie wollten zunächst Schauspieler werden ...
So ist es. Meinen ersten Uni-Abschluss habe ich im Sprechtheater gemacht. Mit 21 bin ich sogar für ein Jahr nach New York gegangen, ohne irgendwo engagiert zu werden. Nebenher habe ich Trompete gespielt und Gesangsunterricht genommen. Damals habe ich nie an Oper gedacht, eher schon konnte ich mir eine...