Flotter Ton, sonst Flaute
Der Anblick von Kreuzfahrtschiffen, die durch den Canale della Giudecca pflügen, gehört mittlerweile ebenso zum Image der Lagunenstadt wie das Taubenvolk vom Markusplatz oder die Rialtobrücke. Insofern ist es konsequent, wenn in der Inszenierung von Johann Strauß’ «Eine Nacht in Venedig» bei den Seefestspielen Mörbisch eines dieser vielstöckigen Monsterboote die Bühne dominiert.
Wenn Regisseur Karl Absenger die Karnevalshandlung dann aber heiter-naiv abspulen lässt, ohne die Problematik der desaströsen Tourismusstrategie wenigstens zu streifen, ist das selbst für eine massentaugliche Sommerproduktion zu kurz gegriffen. Absengers Modernisierungsversuch des 1883 uraufgeführten Stücks bleibt überhaupt in Oberflächlichkeiten stecken: Handys und Gegensprechanlagen kommen zwar ebenso vor wie zeitgenössische Fäkalausdrücke, die Personenführung aber bleibt konventionell, mit deutlichen Defiziten im szenischen Timing.
Schade, denn musikalisch hat die Produktion Klasse. Mit Herbert Lippert ist in der Erstbesetzung ein Herzog von Rudolf Schock’schem Format zu erleben. Die Buffo-Paare werden von jungen, schauspielstarken Solisten verkörpert, den Delaqua gibt Sängerlegende Heinz Zednik. ...
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Opernwelt September/Oktober 2015
Rubrik: Magazin, Seite 84
von Frederik Hanssen
Fünf Holzstühle, vorn rechts. Fünf Grablichter. Vor jedem Stuhl eines. Sonst ist nichts zu sehen, wenn zu Beginn des dritten Aufzugs die Streicher trauertrunken, «mäßig bewegt», in sehrendem Klageton verkünden, dass dem liebesglühend-todessüchtigen Paar auf Erden wohl nicht mehr zu helfen ist. Kareol liegt im Dunkel. Im opaken Dunst eines Nirgendwo. Zum leeren...
Kennen Sie Méhul? Vor hundert Jahren hätte sich auch im deutschsprachigen Raum jeder Opernliebhaber an die biblische Oper «Joseph» erinnert; noch 1920 richtete Richard Strauss höchstpersönlich diese Partitur aus dem Jahr 1807 für die Dresdner Staatsoper ein. Das erfolgreichste Werk des aus dem französisch-belgischen Grenzgebiet stammenden Komponisten liegt seit...
Nicht einmal zweieinhalb Minuten toben die Naturgewalten. Tastendonner aus Subkontra-Zonen. Gespenstisch, gewitterdunkel weht es von Streichern. Schlagwerk und Gitarre heizen die Atmosphäre auf. Bald erreichen die Klangböen Orkanstärke. Es prasselt, rauscht, dröhnt und faucht, als riefe der Herrgott zum Jüngsten Gericht. Dann drehen die rasenden Kräfte ab, so...