Fadenschein, Glück allein?
Höchste Zeit für Tanz auf den Vulkanen, Operetten auf Opernbühnen. Das christliche Abendland geht nicht unter, wenn um die Weihnachtszeit an der Berliner Staatsoper Jacques Offenbachs rabiate Mythentravestie «Orpheus in der Unterwelt» gegeben wird, neben Märchen wie der «Zauberflöte». Und der bilderwütige Regisseur Philipp Stölzl allzu vieles und Vielfältiges zusammenrührt in der Hölle der Karikaturen.
Aber wie sollen politisch scharfe Satire und fideles Kindertheater, kaltschnäuzige Bühnenposse und abschnurrende Virtuosität dramaturgisch miteinander in Einklang geraten?
Offenbachs «Orpheus» von 1858 sammelt die Reste des zweiten Kaiserreichs Napoleons III. zynisch ein und gibt Missstände der Parodie und Lächerlichkeit anheim. Im Schiller Theater tritt nun vor dem Spiel die «Öffentliche Meinung» in der Person von Cornelius Obonya vor den Vorhang und versorgt das Publikum anmacherisch witzelnd oder polternd mit moralischen Tageskommentaren zu Themen wie Selbstbeschränkung und Wertebewusstsein.
Was folgt, ist Klamotte mit Kinderzimmerbildern, mit flotten, beinnackten Chorfrauen à la Folies Bergère, mit dem Mummenschanz amüsierwütig schauspielernder TV-Prominenz – souverän komisch ...
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Opernwelt Februar 2012
Rubrik: Magazin, Seite 66
von Wolfgang Schreiber
Der Theatertod geht um. Wie an vielen mittleren und kleineren Häusern hat auch in Bonn das Theater mit finanziellen Kürzungen zu kämpfen, die seine Existenz bedrohen. Nachdem der städtische Zuschuss zwischen 2000 und 2010 bereits von 41,1 Millionen auf 25,7 Millionen Euro abgesenkt worden war, kürzt die Stadt die Subventionen ab 2013 nochmals um 3,5 Millionen Euro...
Minnie reitet wieder. Auf einer Leinwand prescht sie durch die Prärie, während im Orchestergraben wilde Fortissimo-Arpeggien tosen, zwischen Dur und Moll changierende Akkorde, gefolgt von fallenden Ganztonketten. Die kurze Introduktion zu Puccinis «La fanciulla del West» als Vorspann wie zu einem Stummfilm-Western mit Live-Musik. Dann schwingt sich die Titelheldin...
Der 62-jährige Manfred Trojahn kann mit einigem Recht als typischer Vertreter der deutschen «Literaturoper» apostrophiert werden, wie sie die um eine Generation älteren Komponisten Hans Werner Henze, Giselher Klebe oder Aribert Reimann praktizier(t)en. Da mit Claus H. Henneberg (der für ihn Pirandellos «Enrico» bearbeitete) und Christian Martin Fuchs (der das...