Aus der Natur

Jean Sibelius und die nordische Liedkunst

Welk sind die Blätter, Eis deckt die Seen, traurig ziehen die Vögel gen Süden. Traurig, denn der Norden ist ihre Heimat, seinem Himmel gilt ihre Sehnsucht. Jean Sibelius veröffentlichte das Lied «Norden» im Jahr 1917 als erstes seiner sechs Lieder op. 90. Ein schwedisches Gedicht seines Lieblingsautors Johan Ludvig Runeberg liegt ihm zugrunde. Es steht für alles, was Sibelius wichtig war: Runeberg, die Zugvögel, die Symbolik der Natur, das schmerzhafte und dennoch schöne Aufeinander-Angewiesen-Sein von Norden und Süden in Europa.



«Norden» ist zum Titel geworden für ein ganzes Album mit Sibelius-Liedern, das der Pianist Kristian Attila zusammen mit der Sopranistin Pia Freund und dem Bariton Tommi Hakala aufgenommen hat. Die Auswahl hätte schöner, treffender, repräsentativer kaum sein können: Es sind Lieder dabei, die alles aus der Naturstimmung – mit monomotivischen Spielfiguren im Klavier – entwickeln. Es sind balladeske Erzählungen darunter und flamboyante Konzertlieder in ebenbürtiger Zeitgenossenschaft von Richard Strauss. Man findet – im strophischen Walzer des Eingangsduetts «Der Gedanke» – Nachklänge von Felix Mendelssohn Bartholdy und Johannes Brahms, aber ebenso frankophile ...

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Opernwelt Februar 2016
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 28
von Jan Brachmann

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