Äpfel und Messer

Mozart: La clemenza di Tito am Mainfranken Theater Würzburg

Milde und Nachsicht muss man ertragen können, im Leben – und auf der Bühne. An beiden Orten begegnen sie uns eher selten. Und wenn doch, ist gleich das Misstrauen da: dass da etwas nicht stimmen kann, ein Hintergedanke im Spiel ist, das Ende der Milde und Nachsicht sich bloß verzögert. 

Regisseurin Clara Kalus hält es in Würzburg sogar ziemlich lange aus.

Ihr Tito, Roberto Ortiz, ist grundlegend freundlich, macht große Augen und staunt in erster Linie über sich selbst und die Tatsache, dass (und wie) es ihm nicht gelingen will, seinen Zorn so lange hochzuhalten, bis Sesto, der Verräter, der gerechten Strafe zugeführt worden ist. Tugend, das ist hier schön und rührend anzusehen, ist keine Selbstbeherrschung, keine Entscheidung, keine gute Erziehung: Es ist die Natur des nicht deformierten Menschen. Die Wut Titos – selbst ein Angekratzter, der die geliebte (ausländische) Berenike um der Staatsräson Willen verließ, wie ein Audio vorab rekapituliert – klappt regelrecht in sich zusammen. Das ist nicht er, er will das nicht. Wie auch Sesto ihn nicht morden wollte. «Ich hätte nie gedacht», lesen wir in ganz heutigem Deutsch in den Übertiteln mit, «wie furchtbar es ist, ein Mörder zu ...

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Opernwelt März 2023
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Judith von Sternburg

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