Witz, Wahnsinn, Wahrheit
Wolfgang Rihms «Eroberung von Mexico» ist keine Oper, wie es sie von Graun, Spontini oder Sessions zum selben Thema gibt. Man könnte sogar sagen: Hier schreibt jemand an gegen die Oper, gegen ihren Guckkasten, gegen erwartbare Gefühle, gegen lineares Erzählen, gegen eine Musik, die psychologisieren will, gegen eine Sprache, die bloß als Figurenrede daherkommt. Es gibt keine Handlung, sondern Texte verschiedener Herkunft, die sich palimpsestartig überschreiben. Die Sprache will nicht irgendwelche Information übermitteln, sondern Beziehungsfelder aufreißen.
Auch die Musik sucht das Fragmentarische, versteht sich als Tat im emphatischen Sinn. Ein gewaltiges Stück über die Gewalt. Ein experimenteller Kraftausbruch. Sein Thema: der, die, das Fremde. Als das Stück vor fast 25 Jahren in Hamburg herauskam, wirkte es wie eine wild-wüste, bruitistisch aufgeladene Phantasmagorie. Seitdem ist es verschiedentlich nachgespielt worden und hat andere Seiten freigegeben. Es ließ sich zum Beispiel (in Frankfurt, siehe OW 3/2001) als kühle, gleichwohl luzide Konfliktspirale vorführen. Als Gerard Mortier das Teatro Real in Madrid übernahm, war es ein Mittel, den Spaniern einen Spiegel vorzuhalten und ...
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Opernwelt September/Oktober 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Stephan Mösch
ARD-ALPHA
6.9. – 20.15 Uhr (1)
18.10. – 20.15 Uhr (2)
Klassik am Odeonsplatz.
1. 2013. Musikalische Leitung: Yannick Nézet-Séguin. Solisten: Rolando Villazón und Thomas Hampson. Werke von Wagner und Verdi. 2. 2015. Musikalische Leitung: Pablo Heras-Casado. Werke von de Falla, Prokofjew, Debussy und Ravel.
13.9. – 11.00 Uhr
Mariss Jansons dirigiert
Strauss: Ein...
Sehnsucht nach neuem Musiktheater – das ist in Moskau nichts Neues. Doch auf eine so produktive Spielzeit wie die letzte hat die Stadt lange warten müssen. Jetzt wurden die hochgespannten Erwartungen sogar übertroffen. Zumal die Uraufführungen wirkten wie Kampfansagen der zeitgenössischen Oper an die verhängnisvolle politische Entwicklung Russlands: eines Staates,...
Alles fließt, alles strömt dahin. Die Geschichte, die Bilder, die Inszenierung. Tom Cairns hat nach rund einem Vierteljahrhundert im vergangenen Sommer die erste neue «Traviata» für das Glyndebourne Festival inszeniert (siehe OW 9/2014). Doch leider fehlt der Produktion jeder Fokus: auf Gesellschaftskritik, auf die Welt des Geldes und Scheins, auf die privaten...