Wie sich die Träume gleichen

Symbolkräftig überhöht: Manfred Gurlitts «Nana», wiederentdeckt am Theater Erfurt

Opernwelt - Logo

Manfred Gurlitt (1890-1972) gehört zu den großen Pechvögeln der jüngeren Musikgeschichte. Sein «Wozzeck» wurde von Alban Bergs gleichnamiger Oper verdrängt, seine «Soldaten» blieben zum Zeitpunkt ihrer Wiederentdeckung im Schatten von Bernd Alois Zimmermanns ingeniöser Adaption, seine 1932 mit Max Brod erarbeitete «Nana» wurde von den Nazis verboten und erlebte erst 1958 in Dortmund in der Inszenierung von Arno Assmann und unter der Leitung des Komponisten ihre Uraufführung. Das Fernsehen war da und die Aufmerksamkeit groß, Jugendliche unter 18 hatten keinen Zutritt.

Doch es blieb bei einem Achtungserfolg, «Der Spiegel» berichtete von einem «respektvoll dauerhaften Schlussapplaus». Das Stück kam zur Unzeit, der Stoff passte nicht in die prüde Adenauer-Ära, die Musik nicht in die Raster einer neuen Avantgarde. Ein halbes Jahrhundert später hat nun das Theater Erfurt dem Werk eine neue Chance gegeben.

Zolas Roman über den Aufstieg der Straßenhure Nana zum Revuestar und zur Edel-Kurtisane, der die reichsten Männer des Landes zu Füßen liegen, war als Sittenbild des Zweiten Kaiserreichs gedacht, dessen moralische Fäulnis in den Krieg von 1870/71 führte. Max Brods und Manfred Gurlitts ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juni 2010
Rubrik: Im Focus, Seite 12
von Ekkehard Pluta

Vergriffen
Weitere Beiträge
Im Reich der Camorra

«Utopie und Wahnsinn» lautet das Motto, unter das André Bücker seine erste Spielzeit als Intendant des Anhaltischen Theaters Dessau (nach der langen Ägide Johannes Felsensteins) gestellt hat – ein Motto, das den Kern von Theater, auch Musiktheater, durchaus treffend umschreibt. Dass Bücker für seine erste eigene Regie am Haus «Die Stumme von Portici» von Daniel...

Ufos und Vulkanausbrüche

Manchmal spielen die entscheidenden Szenen auf den Nebenbühnen. Zumal, wenn es um die Frage geht, was Oper und Musiktheater im Innersten zusammenhält. Wohin geht es mit der Kunst des singenden und spielenden Menschen, wenn das Kernrepertoire sich (Ausnahmen bestätigen die Regel) aus dem 18. und 19. Jahrhundert speist? Wenn sich der Guckkasten zu einem Museum...

Empathie darf sein

«Unter welche Rubrik gehört eigentlich dieser Zarathustra? Ich glaube beinahe, unter die Symphonien» – schrieb Friedrich Nietzsche am 2. April 1883 an Peter Gast. Musik ist überall in den «subjektiven Ergüssen» (Giorgio Colli) des Philosophen und dilettierenden Komponisten anzutreffen. Franz Hummels neueste Oper, ein Auftragswerk für das Theater Regensburg, heißt...